Beim Namen nennen | Schaumburger Wochenblatt

18.04.2024 15:43

Beim Namen nennen

Pastor Dirk Gniesmer. (Foto: privat)
Pastor Dirk Gniesmer. (Foto: privat)
Pastor Dirk Gniesmer. (Foto: privat)
Pastor Dirk Gniesmer. (Foto: privat)
Pastor Dirk Gniesmer. (Foto: privat)

Können Sie sich gut Namen merken? Ich komme viel öfter als mir lieb ist nicht sofort auf den richtigen Namen. Doch ich weiß, nichts hört ein Menschen so gerne wie seinen Namen. Er möchte mit Namen angeredet werden, nicht anonym bleiben. Dass der andere mich kennt und weiß, wer ich bin – das ist mir wichtig. Viele Menschen wollen auch etwas dafür tun, dass ihre Namen bekannt sind oder in Erinnerung bleiben. Habe ich mir einen guten Namen gemacht? Namen werden in ein Poesiealbum oder Freundschaftsbuch geschrieben. Oder moderner: Finde ich meinen Namen im Internet? Hat mein Instagram-Account viele Follower? Seit jeher auch werden Namen eingeritzt in Baumstämme oder in die Balken einer Kirchenempore.

In Paris wird die Notre-Dame-Kirche nach dem Brand vor fünf Jahren wieder aufgebaut. In den wiedererrichteten Vierungsturm wurden die 2000 Namen derer, die jetzt am Wiederaufbau beteiligt waren eingeschrieben. „Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind“ (Lukas 10,20). Diesen Satz von Jesus hat sich eine Konfirmandin zu ihrer Taufe ausgesucht. Ursprünglich sagte Jesus dies zu seinen Jüngern, als sie zu ihm zurückkehrten und erste Erfolge mit der Verkündigung des Glaubens gemacht hatten. Jesus sagte darauf, dass für sie selber nicht Erfolge entscheidend sind, sondern dass eben ihre Namen im Himmel geschrieben sind.
Es ist eine schöne Vorstellung, dass im Himmel eine Namensliste geführt wird. Auf dieser Liste zu stehen, ist etwas ganz Besonderes. Es befreit uns von dem Zwang, uns selbst ein Denkmal setzen zu müssen. Gott kennt und liebt jeden einzelnen Menschen, unabhängig davon, wie brillant er ist und welche Erfolge er vorzuweisen hat. Das ist die gute Botschaft zur Taufe: Die Liebe Gottes gilt uns unabhängig von unserer menschlichen Leistung.

Namen sollen nicht vergessen, sondern aufgeschrieben werden. Das gilt in besonderer Weise von Namen der Menschen, die Opfer schlimmer Gewalttaten wurden. Das geschieht in Israel in der Holocaust-Erinnerungsstätte Jad Vashem (Shem = Name) oder mit den Stolpersteinen, die hier vor Ort auch in Rinteln an die Jüdischen Opfer der NS-Zeit erinnern. Das geschieht in der unterstützenswerten Dokumentationsarbeit der ehemaligen Synagoge in Stadthagen.
In München gab es am 11. April eine große Aktion „Die Rückkehr der Namen”. Es ging darum, der Opfer des NS-Regimes zu gedenken und ein Zeichen für Demokratie und Toleranz zu setzen. Erinnert wurde jeweils durch einen Paten an 1.000 Münchnerinnen und Münchner, die während des NS-Regimes verfolgt, entmenschlicht und ermordet wurden. Solche Aktionen sind wichtig.
Unrecht wie Antisemitismus und jegliche Art der Menschenrechtsverletzungen müssen beim Namen genannt werden, damit sie sich nicht wiederholen. Nie wieder ist jetzt.


Dirk Sassmann
Dirk Sassmann

DS

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