Die Geburt war ein schwerer Akt

Doch vor der Realisierung der Fußgängerzone, übrigens ein Herzensprojekt des ehemaligen Bürgermeisters Karl-Heinz Buchholz, hatte es ein zähes Ringen darum gegeben. Bereits als 1982 der Kirchplatz und 1984 der Marktplatz umgestaltet und verkehrsfrei gehalten wurde, befürchteten Geschäftsleute um ihre Existenz, da die Kunden nicht mehr mit dem Auto vor das Geschäft fahren konnten. Ein Trugschluss, wie sich herausstellen sollte, denn die Fußgängerzone belebte vielfach die Geschäfte. 1992, in einer denkwürdigen Ratssitzung, fiel dann der Beschluss zum Bau einer Fußgängerzone. Nur durch ein Mitwirkungsverbot von betroffenen Ratsmitgliedern konnte sich die Minderheit der SPD im Rat damals durchsetzen. Allerdings dauerte es noch fast zehn Jahre, bis der Beschluss auch umgesetzt wurde.

Verkehr ist wie Wasser

Hauptgrund für die Verzögerungen beim Bau der Fußgängerzone war nicht nur die mit 2,3 Millionen Euro große finanzielle Belastung der Stadt durch die Baumaßnahmen, sondern der Verkehr. Der musste irgendwo hin und die Ostumgehung, das stand schnell fest, reichte nicht aus, um die gesamten Verkehrsströme aufzunehmen. Eine westliche Entlastungsstraße musste her und die wurde im Juli 2001 durch den damaligen Innenminister Heiner Bartling, Bürgermeister Karl-Heinz Buchholz, der damaligen Verkehrsministerin Dr. Susanne Knorre und der stellvertretenden Landrätin Helma Hartmann-Grolm eröffnet. Alle Feldversuche mit Einbahnstraßenregelungen und Sperrungen hatten nicht zu der gewünschten Entlastung geführt und wurden in Folge eingestellt. Nur die Einbahnstraßenregelung im Bereich Ritterstraße, Teilen der Brennerstraße und Bäckerstraße blieb bestehen.

Die Köpfe des Erfolgs

Zuständig für die Bauarbeiten war der damalige Baudezernent Reinhold Koch. Ihm zur Seite standen Tiefbauamtsleiter Helmut Leppin und Bauleiter Volker Kierat. Nachdem der politische Wille zur Umsetzung der Fußgängerzone gefällt und die Umgehungsstraße West eingeweiht war, lag es jetzt an ihnen, die 370 Meter lange Fußgängerzone so zu gestalten, dass sie von hoher Aufenthaltsqualität für die Nutzer ist. Und da gab es zuerst einmal die Frage des Bodenbelags, denn der ist zum einen entscheidend bei der Frage der Kosten, zum anderen muss der Belag auch die Jahrzehnte überstehen und dabei auch ordentlich belastbar sein. Denn Rinteln wollte auch weiterhin seine Altstadtkirmes mitten im Herzen der Stadt feiern und dazu mussten immer wieder auch Schwerlastfahrzeuge durch die Stadt fahren können. Die Entscheidung fiel auf chinesischen Granit. Dazu Straßenlaternen, die durch Befragung der Bürger ausgesucht wurden, bepflanzbare Stelen, die heute noch viel Zuspruch finden, Sitzmöglichkeiten, Fahrradständer, Bäume und natürlich das offene Kanalssystem mit Fließgewässer, für das Reinhold Koch sich in Freiburg inspirieren ließ. Am nördlichen und südlichen Eingang der Fußgängerzone entstanden Parkhäuser (Pferdemarkt und Klosterstraße). Viele Touristen, die heute durch die Rintelner Innenstadt schlendern, sehen die Fußgängerzone als besonders gelungen an. Das, was uns als „Alt-Rintelnern” mittlerweile schon als Selbstverständlichkeit erscheint, ist mit Blick von außen ein echtes Juwel, neben der Lage an der Weser und am Fuße des Wesergebirges.