Der Wahlkampf für die Europawahl ist im vollen Gang. Durch die Medien geistern seit ein paar Tagen vermehrt Meldungen von Angriffen auf Politiker und Wahlhelfer. Im Landkreis Schaumburg gab es bislang noch keine größeren Zwischenfälle, allerdings wurden viele Plakate beschmiert, zerstört oder abgehangen. Laut Polizeioberkommissarin und Pressesprecherin Nina Thieme (Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg ) gibt es, was Wahlplakatbeschmierungen im Landkreis Schaumburg betrifft, Anzeigen beziehungsweise Fälle in einem 2-stelligen Bereich, “wobei fast täglich neue Anzeigen dazukommen”, so Thieme. Gemäß der Erlasslage können für das laufende Jahr allerdings keine konkreten Zahlen herausgegeben werden. Da die Polizei für die Aufklärung hauptsächlich auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen ist, werden regelmäßig Zeugenaufrufe veröffentlicht.
Angriffe auf Politiker, Zerstörung von Wahlplakaten und Störungen von Wahlkampf-Aktionen
Wir haben bei den großen Parteien nachgefragt, wie sie für sich die Vorfälle bewerten und was daraus folgt.
“Unser Wahlkampf ist positiv gestartet, da wir einen großen Rückhalt der Menschen in Schaumburg spüren, die sich eine friedliche und produktive Demokratie wünschen und wissen, welche große Bedeutung Europa für die Stabilität von Freiheit und Wohlstand bedeutet”, erklärte uns Verena Michalek, Sprecherin Kreisverband Bündnis 90/die Grünen. “Leider war uns auch klar, dass die zunehmende Hetze und Desinformationen, die sich vermehrt im Internet verbreiten, Einfluss auf diesen Wahlkampf haben wird. Die Angriffe zeigen, was passiert, wenn aus Worten Taten werden und das wir nicht tolerieren können, dass der Umgang miteinander immer weiter verroht! Der Kern unseres friedlichen Zusammenlebens wird dadurch auf offener Straße angegriffen. In Schaumburg wurden von den Grünen bisher sind zahlreiche und diverse Kleinplakate zerstört. Vielfach mit in Zahlencodes ausgedrückten nationalsozialistischen Parolen und Bekenntnissen zur AfD. Dies ist bereits jetzt mehr, als in den Wahlkämpfen zuvor. Im Vorfeld des Wahlkampfes wurden sowohl vom Bundesverband, als auch von unserer Kreisgeschäftsstelle Infoveranstaltungen zur Sicherheit im Wahlkampf durchgeführt. Gegen Schlägertrupps, wie in Dresden und weiteren deutschen Städten, wird das jedoch nicht helfen! Zum Glück haben wir solche Übergriffe in Schaumburg noch nicht erlebt.”
Auch Jan-Philipp Beck hat sich für den SPD-Kreisverband auf die Ereignisse in Dresden bezogen: „Die Ereignisse in Dresden stellen einen neuen Tiefpunkt in der politischen Landschaft dar. Jegliche Form von Gewalt ist in einem politischen Wettbewerb in einer Demokratie nicht zu tolerieren. Glücklicherweise sind solche Vorfälle bislang im Landkreis Schaumburg noch nicht vorgekommen und ich hoffe, dass dies auch so bleibt. Gleichwohl sind auch in den vergangenen Wahlkämpfen Parteimitglieder an Marktständen oder beim Aufhängen von Plakaten verbal „angepöbelt” worden. Im Rahmen der Europawahl ist es zu Zerstörungen und Schmierereien von Wahlplakaten gekommen. Auch aus Schutzgründen erfolgt eine Plakatierung von ehrenamtlichen Parteimitgliedern immer zu zweit. Darüber hinaus erfolgt eine allgemeine Sensibilisierung der Wahlkampfhelfer für die aktuelle politische Lage. Die SPD Schaumburg setzt sich für einen fairen Wahlkampf und eine gewaltfreie politische Auseinandersetzung ein.”
Immo Blume, FDP-Kreisvorsitzender, fügte hinzu: „Wer Wahlplakate zerstört und Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer bedroht und verletzt, legt die Axt an die Fundamente unserer Demokratie! Die jüngsten tätlichen Angriffe auf Wahlkämpfer und die Drohungen gegen Amts- und Mandatsträger sind Teil einer Verrohung, die sich an vielen Stellen in unserer Gesellschaft zeigt. Wenn wir es nicht schaffen, Amts- und Mandatsträger sowie Personen, die sich erst noch um Ämter und Mandate bewerben, vor Bedrohungen und körperlichen Übergriffen zu schützen, wird es auch bei uns in Schaumburg immer schwieriger, Menschen für gesellschaftliches Engagement und für politische Funktionen zu gewinnen.“
Colette Thiemann sendet uns als Kreisvorsitzende des Kreisverbandes der CDU Schaumburg die Sorge, wie sic das Verhalten gegenüber Wahlkämpfern und Mandatsträgern verschärft hat.
“Zerstörung von Wahlplakaten oder menschenfeindliche Zeichnungen, Anmerkungen etc. auf den Plakaten sind leider auch in Schaumburg in den letzten Jahren Alltag geworden. Gleiches gilt auch vermehrt für Angriffe (für die CDU Schaumburg Gott sei Dank bisher nur im verbalen Bereich) auf Wahlkämpfende an Infoständen oder im Haustürwahlkampf. Diese reichen von einfachen Beleidigungen, bis hin zu gegebenenfalls strafrechtlich relevanten Drohungen. Auch im aktuellen Wahlkampf verzeichnen wir Beschädigungen von Plakaten, dessen Aufschrift (AfD mit gezeichneten Schlingen um die Hälse der Kandidierenden) jedoch eher auf das linksextreme Spektrum schließen lassen. Dass ich als hauptamtliche Mandatsträgerin unter anderem mit Morddrohungen im Internet zu kämpfen habe, mag das eine sein, dass hier aber insbesondere auch Ehrenamtliche verbal attackiert und angegriffen werden, ist eine Sorge, die gerade alle demokratischen Parteien teilen.”