Vor vier Jahren gelangte ein kleines Tier aus Oberhausen zu großem Ruhm: Paul. Der Octopus vulgaris oder Gemeine Kraken tippte den Sieger jedes Spiels der deutschen Nationalmannschaft richtig. Nach der Halbfinal-Niederlage Deutschlands gegen Spanien wollten Industrieminister Miguel Sebastián und Umweltministerin Elena Espinosa das Tier aus Angst vor einem Racheakt auf die Iberische Halbinsel holen – „damit die Deutschen ihn nicht aufessen”. Weder das eine noch das andere geschah, und so konnte Paul auch das letzte Spiel tippen. In Anwesenheit von mehr als 200 Journalisten, darunter sogar Brasilianer und Russen, sagte er den späteren Sieger Spanien vorher. Tierische Aussichten.
Pünktlich zu dieser WM schossen die Tier-Orakel wieder aus dem Boden wie Pilze, die Pauls, Reginas, Normans, und wie sie alle heißen. Eines ist auf dem besten Weg, in die „Fuß”stapfen des berühmten Kraken zu treten: Mops Marvin, der für den rheinland-pfälzischen Radiosender RPR1 auf Würstchenjagd geht, erwies sich als besonders treffsicher. Er tippte bisher alle deutschen Partien richtig. Dazu kommt ein entscheidender Vorteil: Ein Mops sieht viel knuddeliger aus als Meeresgetier. Auf solch einfache Tipps wollen sich die Mitarbeiter von Bayern 3 nicht verlassen. Sie schicken kurzerhand zehn Ferkel aufs Spielfeld. Fünf gegen fünf spielen die Schweinchen die Partien aus, erstes Tor entscheidet. Das ist zwar auch putzig anzusehen, aber bei weitem nicht so treffsicher.
Mittlerweile gibt es so viele tierische Orakel, dass man gar nicht mehr weiß, wem man nun trauen soll. Darum hat der größte Hype um sie auch abgenommen. Außerdem werden sie zu inflationär gebraucht und nicht viele empfehlen sich als Fußball-Experten. Diese Umstände hat offenbar auch Norman, Gürteltier und Orakel des Allwetterzoos Münster, erkannt. Nach vier Tipps, zweimal richtig, zweimal falsch, erklärte Zoodirektor Jörg Adler jüngst: „Norman ist ein gutes und nettes, aber eben auch etwas konfuses Orakel und möchte sich deshalb zurückziehen.” Vielleicht ist er auch gar nicht so freiwillig abgetreten, wie die Aussage zunächst vermuten lässt – es riecht nach fristloser Kündigung. Das Geschäft wird eben auch auf diesem Gebiet härter. Vielleicht wollte sich Krake Paul diesem Ärger entziehen, als er drei Monate nach seinem letzten Tipp starb.