Mitten in der Großstadt leben, um dann von einem Tag auf den anderen auf dem platten Land der norddeutschen Tiefebene zu landen – Mareike Marlow weiß, wie sich das anfühlt, denn genauso ist sie vor einigen Jahren mit ihrer Familie nach Münchehagen gekommen. Das eine oder andere Erlebnis mit diesem Landleben, das sie im zweiten Band ihrer Krimreihe um die ungleichen Schwestern Jana und Tessa beschreibt, wird sie also selbst so oder so ähnlich erlebt haben. Und vielleicht liegt es auch daran, dass insbesondere die jüngere dieser Schwestern, Tessa, den Lesern ganz leicht ans Herz wachsen kann. Tessa musste nämlich aus Berlin für ein Jahr in das fiktive Dörfchen Burgheide ziehen, um gemeinsam mit ihrer Schwester Jana die Erbschaft ihres Vaters antreten zu können – halten die beiden kein Jahr gemeinsam aus, geht das schöne Erbe samt Haus am See an den örtlichen Tierschutzverein. Tessa ist also gezwungen, sich zu arrangieren, muss manche Qualen erleiden, weil es in dieser Idylle einfach keinen richtig guten Kaffee gibt, entwickelt aber schnell auch so manche Sympathien für das Leben zwischen Misthaufen und Dorfkneipe. Ein Huhn hatte sie bereits im ersten Band der Reihe adoptiert. In „Blutroter Flieder” legt sie sich einen kleinen Stall voller Federvieh samt Hahn zu – die dann wiederum ganz großstädtische benannt werden: jedes trägt den Namen eines Superhelden. Darauf, dass ihre Söhne so groß sind, dass sie diesen Krimi lesen dürfen, sagt Mareike Marlow, freue sie sich schon. Die Jungs würden nämlich momentan nichts Großartigeres kennen, als all die Superhelden. In den schönen Beschreibungen des Landlebens, neben den vielen kleinen Episoden, in denen Landvolk sich wieder erkennt, und die oft zum Lachen reizen, sind die beiden Schwestern jedoch auch noch heftig damit beschäftigt, den nächsten Mord in ihrem Burgheide zu lösen. Dem Dorfpolizisten Martin wollen sie nicht allzu viel von dieser Arbeit aufbürden. Er ist zwar ein netter junger Mann, höflich, zuvorkommend und eigentlich auch in seinem Beruf keineswegs fehl am Platz. Was er jedoch noch besser kann und womit die Schwestern sich gerne verwöhnen lassen, sind Martin Konditoren-Künste. Die Rezepte zu Martins Kreationen sind als Zugabe auch in diesem zweiten Krimi wieder enthalten, womit er also nicht nur für Landeier und Großstadtpflanzen, sondern auch für Nachkatzen besonders geeignet ist als entspannende Lektüre im Sommer oder zu anderen Zeiten. „Blutroter Flieder” von Mareike Marlow erscheint am 1. Juli im Knaur-Verlag. Foto: jan