Darauf nun wartete man in der Bühnenfassung von John Düffels vergeblich. Der Professor bleibt Tyrann, selbst als ihm im Etablissement „Blauer Engel” seine Schüler als Liebhaber der koketten Rosa Fröhlich entdecken müssen. So hat sich der Zuschauer denn einzustellen auf diverse Spielarten eines tyrannischen Wesens.
Wie nun präsentiert Werner Kunze den Gymnasiallehrer Professor Unrat? Es fängt an bei der Stimme: knarzig, gepresst, ohne Schwingung, röhrend, dröhnend, darauf abzielend, die heranwachsende Jugend zu Vollzugsorganen willkürlicher Maßnahmen zu programmieren. Sodann der Körper, ein Spiegel seelischer Befindlichkeit: erkaltet, steif, zur Salzsäule verhärtet. Insgesamt: kein Quentchen Menschlichkeit mehr auf der ganzen Linie. Doch ganz ohne diese kann kein Mensch leben. Woher aber nehmen und nicht stehlen? Antwort: bei Rosa Fröhlich. Aus vollen Händen überschüttet sie ihn mit gurrender Stimme, gekonntem Schwung der Figur, vollendet in ihren Konturen, viel zu häufig vom Negligee verhüllt. Da muss jedes vom Standesdünkel angelegte Korsett fallen, es wallen die Regungen. Meisterlich entlockt Mandy Zuschke dem Unhold Anwandlungen von Zuneigung als Antwort auf die als ernsthaft empfundenen Avancen der schönen Rosa. Brav und klein wie ein Hündchen frisst er ihr aus der Hand, eindrucksvoll von Werner Kunze in Szene gesetzt. Gewiss, diese Hingabe an die Chanteuse im Rotlichtmilieu kostet den Professor den Beruf und seine Position. Aber Tyrann bleibt er auch hier noch, wenn er den Schülern begegnet, die ihren Blick ebenfalls auf die schöne Rosa gerichtet haben, allen voran Lohmann. Andreas Klopp liefert den abgebrühten Typ, dem keiner was anhaben kann, der stur auf sein Ziel zusteuert, bis er und Rosa schließlich einander in den Armen liegen. Erst da bricht der Tyrann restlos zusammen und das Spiel ist aus. Martina Bode als Regisseurin von der Landesbühne Sachen-Anhalt aus der Lutherstadt Eisleben hat das Beste aus dem Stoff gemacht, zwei hintereinander befindliche Bühnenbilder entwickelt, wodurch beide Welten kontrastreich ins Auge fielen. Beifall auch hier, wie bei allen vorangegangenen Stücken dieser Theatersaison. Winfried Busse als Leiter des Theaterkreises im Kulturforum entließ ein dankbares Publikum mit der Hausaufgabe, Mitglieder für die nächste Saison zu werben. Oskar Wedel