Auf einer Sitzungen des Arbeitskreises hatte zuvor Projekt-Entwickler Walter Greve von der Hamelner Kontur Bau Vision GmbH die Pläne vorgestellt. Dabei waren sich die Teilnehmer am Ende einig, dass die geplante Nutzung im Hinblick auf den generell in Zukunft noch weiter ansteigendem Bedarf an Seniorenwohnanlagen langfristig tatsächlich sinnvoll sei. Als Kritikpunkte kristallisierten sich allerdings unter anderem die Fassade und die vermeintlich überdimensionierte Höhe des geplanten Gebäude-Komplexes heraus. Ausgangspunkt der Bedenken ist der sensible Standort unmittelbar am südlichen Eingang der Fußgängerzone, einem der ehemaligen historischen Stadttore, dem Seetor. Ob sich das Vorhaben tatsächlich in die nähere Umgebung einfügen lasse, wie gesetzlich vorgeschrieben, wurde in der Diskussion eher bezweifelt.
Bedenken wurden auch wegen der Gebäudelänge geäußert. Die geplante Front von mehr als 40 Metern bei einer Traufenhöhe von zirka zehn Metern könnte, so die Befürchtung, unter Einbeziehung der Südfassade des Rathauses eine asymetrische Tunnelwirkung ausgerechnet für den Josua-Stegmann-Wall zur Folge haben. Auf dem ehemaligen Rintelner Festungswall, der als Bodendenkmal geschützt ist, sollen möglicherweise schon in der kommenden Woche die Gebäude Seetorstraße 1 und Josua-Stegmann-Wall 14 abgerissen werden. Beide Gebäude, gab Bau-Expertin Antje Rinne zu bedenken, zählten zur Erstbebauung des 1806 „geschliffenen” Festungswalls. Nach der „Schleifung” sei das Areal zunächst als Grünland und für Gärten genutzt worden, bevor 1875 mit der Bebauung begonnen worden sei. Für keines der beiden Gebäude liege bis dato eine Bauuntersuchung vor, obwohl die Gebäude wichtige Zeugnisse der Stadtentwicklung und der historischen Baukultur Rintelns seien.
Die von Günther Biallas und Antje Rinne angeführte Bürgerinitiative beruft sich in ihren Bemühungen, im letzten Moment noch optisch adäquate Modifikationen zu erreichen, auch auf eine Aktion der Stadt, „Rinteln gemeinsam noch aktiver zu gestalten” und verweist dabei wiederholt auf die vor drei Jahren verabschiedete „Erhaltungssatzung” für die Altstadt. In seinem Brief an das zuständige Ministerium hatte Biallas unter anderem moniert, dass ein Gebäudeteil wie ein Bollwerk in den Josua-Stegmann-Wall hinein rage, statt dem Straßenverlauf und den Blickachsen angepasst zu werden. Und: „Die Ausführung in Schlichtbauweise zeigt die einseitig profitorient und an Sparzwängen ausgerichtet Planung ohne Rücksicht auf das gehobene Wohnumfeld.” Unredlich, so Biallas, sei es in dem Zusammenhang, „den hässlichen Plattenbau der Stadtverwaltung im Norden als Bezugspunkt für einen Neubau im historischen Umfeld heranzuziehen”. Darüber hinaus sei das Parkplatz-Problem in der Wohnstraße (Sackgasse mit Parkverbot) nicht gelöst.
Bei der Übergabe der Unterschriften-Liste im Büro von Jörg Schröder wurden in dem Zusammenhang indessen verschiedene Ansichten deutlich. In Sachen Parkplätze verwies Schröder auf den nur wenige Meter entfernten und durch einen Stichweg angebundenen Platz hinter dem Rathaus. Zudem bezweifelte Schröder, dass der First des neuen Gebäudes am Wall tatsächlich höher werde als die „Spitze” des Rathauses - und stellte allgemein nachmalig fest, dass die Lage des Seniorenheims angesichts der Nähe der Fußgängerzone nachgerade ideal sei: „Wir holen die alten Menschen mitten in die Stadt.” Zudem mochte der erste Stadrat auch den Wert der an zwei Wochenenden requirierten Unterschriften nicht so recht zu schätzen: „Die hätte man vermutlich auch bekommen,” so Schröder, „wenn man nicht gegen, sondern für den Bau des Pflegeheims plädiert hätte.” Foto: km