Mit den gezeichneten Geschichten bildet der Hannoveraner Schauspieler auch bei seinem „Heimspiel” im Wiedensahler Busch-Geburtshaus eine vollendete Symbiose. Immer wieder will es scheinen, als habe der Maler und Zeichner, Dichter und Denker seinen grandiosen Strich als Vorlage für die Bühneninszenierung geliefert. Vor allem wenn sich der Solodarsteller nach der Pause dem verhinderten Dichter widmet, wird bisweilen selbst er Gesichtsausdruck eins mit den gedruckten Porträts.
Am Anfang des Programms auf der gut besetzten Diele des Geburtshauses kommt „Antonius” zu Wort. Gekonnt arbeitet Surholt die Knackpunkte heraus, in denen der Autor Busch Bigotterie und Scheinheiligkeit seiner Zeit anprangert. Die vom Mimen zwischen die zehn Kapitel um die schlussendliche Himmelfahrt eines Schweines gesetzten choralen Überleitungen verstehen sich in diesem Umfeld dann schon fast als Persiflage auf die aktuellen Hitparaden-Stürmer mit ihren Gregorianischen Gesängen.
Im Übergang zur Helene zitiert Surholt das Schreiben von 1870, dass den Antonius auf den kirchlichen Index setzt, der in Bayern und Österreich erst 30 Jahre später wieder aufgehoben wird. Vor allem um verklemmte Moralvorstellungen geht es in der Tragikkomödie von „Lenchen” und ihre so fatal endende Zeit bei Onkel und Tante auf dem Lande. Und zum Finale vor der Pause drei der bekanntesten Busch-Zweizeiler: „Hier sieht man ihre Trümmer rauchen / Der Rest ist nicht mehr zu gebrauchen.”, „Das Gute – dieser Satz steht fest - / Ist stets das Böse, was man lässt!” und „Ei, ja! – Da bin ich wirklich froh! / Denn, Gott sei Dank! Ich bin nicht so!!” Das allerdings glaubt Onkel Nolte wohl selbst nicht mehr. Oder wie soll man Surholts Augenzwinkern deuten?
Gekonnt setzt der Mime mit Buschs stark autobiografischem zeichnerischen Spätwerk (1883) vom leidenden und darbenden Dichter Bählamm nach der Pause den Theaterspaß fort. Surholt zelebriert auf historischem Boden förmlich die Meisterleistung des einstigen Hausherrn. Er seziert die Verse und setzt sie deklamierend, brummelnd oder flüsternd wieder zum Hör- und Sehgenuss zusammen. Zu den abertausenden Gedanken des Autors gibt es genau so viele Gesichter des Protagonisten auf der Bühne. Fast so, als habe Busch sich seine Verse ganz allein für Bernd Surholt ausgedacht. Dessen komödiantisches Können seinerseits verwischt nicht, was Inhalt und damit Busch und was Präsentation und somit Surholt ist. Ein Genuss für alle Sinne. Foto privat