Sind Minna und ihre Kammerjungfer gerade mal 21 Jahre alt, verspielt bis albern und doch so intelligent, so witzig, ja, verschlagen, berückend von der Regie (Hans Thoenies) in Szene gesetzt. Vor allem Franziska (Vanessa Rose), die jede Silbe auskostet: etwa wenn es darum geht, dem Raubein von Wachtmeister Werner einen Heiratsantrag unterzujubeln.
Marie-Louise Hauser als Minna tut es ihr gleich, so weit es die Verspieltheit betrifft. Dann aber muss sie reagieren, argumentieren und charmieren. Fäden sind zu spinnen bis zur äußersten Zerreißprobe, immer mit einer Leichtigkeit, die umso wirkungsvoller ist, je mehr sie antreten muss. In der Tat gerät die Ehre zu einem Gespenst, wenn der „an seiner Ehre Gekränkte” meint, nicht mehr an der Seite der immer noch geliebten Verlobten bleiben zu dürfen. So einer ist nämlich der Major von Tellheim, humorlos bis ins Mark, geradezu verliebt in den eigenen Niedergang, bis es Minna, der „großen Liebhaberin der Vernunft” doch gelingt, dem Geliebten den Spiegel seiner Verblendung vorzuhalten und so ihn doch wieder für sich zu gewinnen. Matthias Kiel zeichnet als ein Soldat, dessen Ehrlichkeit ihm so viel Sympathie einbringt, dass man ihm bei aller Verbohrtheit gar nicht so recht böse sein kann. Just, der Bediente des Majors, und Paul Werner, gewesener Wachtmeister des Majors, stehen für jene, die auf Gedeih und Verderb auch zu dem verabschiedeten Offizier halten. Wolf-Guido Grasenich als Just ist jede Rempelei lieb, wenn er nur dem Major damit dienen kann. Dem hoch gewachsenen Robert Christott nimmt man nur schwer den auf Kriegslärm ausgelegten Typen ab, zu sinnig erscheint er dafür zuweilen.
Und dann der Wirt: ein rechter Schlawiner, ein Schlitzohr durch und durch, der nur zu dienen bereit ist, wenn er verdienen kann; im Grunde ein verwerfliches Gebaren, von Lessing dennoch im Rahmen einer Komödie zur Entfaltung gebracht, wohl doch um anzuzeigen, wie menschlich es nun mal ist, mit der Wurst nach dem Schinken zu werfen und sein Schäfchen ins Trockene zu bringen. Helmut Büchel hatte das Glück, diese Paraderolle mit Bravour zu füllen. Verwerfliches Gebaren schließlich auch auf Seiten des Glücksspielers Riccaut de la Marliniere, aber auch dies so elegant von Karl-Heinz Dickmann rübergebracht, dass es vollends die Lacher auf seiner Seite hatte.
Alles in allem: Es war eine glänzende Inszenierung; Lessings Worte stachen, von keinerlei Mätzchen verwässert. Werktreue zahlt sich aus. Groß der Beifall.
Oskar Wedel Foto: privat