„Ihr habt den Krieg verloren, ihr habt den Krieg verloren”, skandierten einige linke Gegendemonstranten, während sich die Neonazis am Nenndorfer Bahnhof für ihre Kundgebung sammelten. An Absperrgittern sorgten Polizei-Beamte in Schutzausrüstung dafür, dass die beiden Gruppen nicht aufeinander trafen. Mehr als 1000 Ordnungshüter waren mit Wasserwerfern, Hunde- und Reiterstaffeln in der Kurstadt aufmarschiert, um gewalttätige Auseinandersetzungen zu verhindern. Aufgrund der intensiven Werbung in der rechtsextremen Szene rechnete die Polizei mit einer großen Teilnehmerzahl an der Kundgebung. Darunter erwarteten die Beamten auch eine Gruppe gewaltbereiter „Autonomer Nationalisten”, wie Polizeisprecher Axel Bergmann mitteilte.
Tatsächlich erhöhte sich die Anzahl der Rechtsextremisten gegenüber dem Vorjahr erneut, die für die Kundgebung nach Bad Nenndorf reisten. Die Polizei zählte rund 730 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet, die an dem Marsch teilnehmen wollten.
Etwa 130 von ihnen wurden nicht für die Veranstaltung zugelassen. Sie verweigerten sich den intensiven Vorkontrollen und Auflagen der Polizei. Die Beamten beschlagnahmten etwa auch zur Vermummung geeignete schwarze Pullover, verteilten stattdessen weiße T-Shirts. Ebenso wurde ein Lautsprecherwagen der Rechtsextremen bei der Anfahrt aufgrund seines verkehrsunsicheren Zustandes gestoppt.
Der Beginn des Marsches durch die Kurstadt verzögerte sich aufgrund der polizeilichen Kontrollen aber auch wegen der Aktionen der Gegendemonstranten ganz erheblich. Rund 120 Aktivisten versuchten den Platz vor dem Winckler-Bad zu blockieren, um die Kundgebung der Neonazis zu verhindern. Die Polizei wurde von der Besetzung des Platzes am Morgen überrascht, bei der sich vier Gegendemonstranten in einer per LKW antransportierten Betonpyramide anketteten. Bei der Auflösung der unangemeldeten Sitzblockade, sei die Polizei unverhältnismäßig hart vorgegangen, lautete ein Vorwurf der Gegendemonstranten, den die Polizei zurückwies. Die Polizei berichtete, dass im Verlauf des Tages eine Gegendemonstrantin und zehn Beamte verletzt worden seien.
Nach der Räumung des Platzes, der Beseitigung der Pyramide mit schwerem Gerät und dem Abschluss der Kontrollen am Bahnhof, setzte sich die Marschkolonne der Neonazis gegen 15 Uhr mit etwa dreistündiger Verspätung durch die Bahnhofstraße in Bewegung.
Bei den Zwischenkundgebungen und der Hauptveranstaltung am Winckler-Bad äußerte Versammlungsleiter Christian Müller seinen Unmut über den von den Anwohnern aufgehängten bunten Straßenschmuck. Die Gegendemonstranten hatten eine weitere farbenfrohe Einlage vorbereitet. Vier von ihnen tauchten während der Trauerkundgebung auf dem Dach des Winckler-Bades auf und ließen buntes Konfetti und Luftschlangen auf die Rechtsextremen regnen. Andere Gegendemonstranten versuchten hinter den Absperrgittern die Kranzniederlegung und die verschiedenen Reden durch Zwischenrufe zu stören. Auch zahlreiche Anwohner ließen die Neo-Nazis beim Marsch durch die Kurstadt ihr Missfallen spüren. Die Rechtsextremen erklärten, gegen die angeblichen Rechtsbrüche der Polizei während der Veranstaltung juristisch vorgehen zu wollen. Foto: bb