RODENBERG (jl). Da musste Pastor Ralf Janßen improvisieren, als Sarah Kaiser und ihre Band nach der Begrüßung noch kurz auf sich warten ließen. Spontan stimmte er für ein Geburtstagskind unter den zahlreichen Gästen der „Kulturkirche” ein Ständchen an. Als die letzten Töne zu „Viel Glück und viel Segen” verhallt waren, trat die Diplom-Gesangssolistin- und -pädagogin ins Scheinwerferlicht in der St. Jacobi-Kirche – zum zweiten Mal nach fast auf den Tag genau vier Jahren. Der Unterschied: Nach dem damaligen Auftritt ist das Format der „Kulturkirche” erst ins Leben gerufen worden. Kein Wunder, dass die Wiedersehensfreude auf beiden Seiten groß war. Kaiser eroberte strahlend die Bühne, das Publikum – darunter einige Wiederholungstäter – verfiel schon nach dem Eröffnungsstück „Welcome Home” in frenetischen Beifall. Neben dem Aufmacher, der bereits beim 2015-Gastspiel erklungen war, hatte die Sängerin viele neue Lieder im Gepäck, die für das Konzertprogramm „Freiheit” zum 500. Reformations-Jubiläum vor zwei Jahren entstanden sind. Wie sie den Zuhörern verriet, habe sie sich damals auf die Spuren Martin Luthers – so auch der Untertitel der CD – begeben und in seinem Leben und seinen Gedanken nachgeforscht. Dabei habe sie nicht nur selbst Texte geschrieben. Auch Bekannte wurden tätig, so verfasste die Schweizerin Natascha Hausammann das „Fundament”über Luthers‘ Basis im Leben. Damit bewies die Band, dass sich tief gehende Botschaften erfolgreich in ein fetzig-grooviges Gewand verpacken lassen. Eine melodische Kehrtwende erlebten die Zuhörer mit der geradezu schwermütig daherkommenden „Novembersonne”. Zeilen, die aus Kaisers Feder mit Blick auf die von der Abendsonne angestrahlte gelbe Häuserwand gegenüber ihrer Berliner Wohnung entstanden seien. Aber auch mit bekannten Luther-Chorälen wie „Aus tiefer Not”, die Kaiser neu bearbeitet und zusammen mit ihrem Pianisten Samuel Jersak arrangiert hat, wusste das Quartett zu begeistern. Dabei handelt es sich um ein Kirchenlied, das Luther als Nachdichtung des Bußpsalms 130 schrieb. „Es ist eine meiner Leidenschaften sehr Altes zu bearbeiten und in ein neues Gewand zu bringen”, so die Sängerin, die die damalige Sprache in das heutige Deutsch und die Gedankenwelt eines Menschen auf der Flucht übertrug. Den Titelsong „Freiheit” widmete die Berliner, die sich als Botschafterin für eine Menschenrechtsorganisation gegen Versklavung einsetzt, den „Menschen, die im Moment noch nicht frei sind und denen, die sich dafür einsetzen, dass sie frei werden”. Foto: jl