Mehr als 80 junge und ältere Menschen haben sich am Donnerstag, dem 6. November, am Zug der Erinnerung durch das Zentrum von Bad Nenndorf beteiligt, zu dem das Bündnis „Bad Nenndorf ist bunt“ geladen hatte. Unter dem Motto „Erinnern heißt wachsam sein!“ riefen sie die Novemberpogrome der Nationalsozialisten von 1938 ins Gedächtnis.
Damals wurden Synagogen in Brand gesetzt, Läden jüdischer Inhaber zerstört und geplündert und Juden öffentlich verprügelt und ermordet. An den in der Haupt- und Parkstraße verlegten Stolpersteinen berichteten Schüler der IGS-Rodenberg und des Gymnasiums Bad Nenndorf vom Schicksal der deutschen und Nenndorfer Juden während des Faschismus in den Jahren 1933 bis 1945 und warnten vor Gleichgültigkeit gegenüber Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung heute. Pastor Sebastian Sievers und Renate Thiemann als Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden trugen Gebete an den Stolpersteinen vor, und auch das Kaddisch, das jüdische Heiligungsgebet, wurde von Ludmilla Nekrasova gesprochen. Der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Bad Nenndorf, Dietmar Buchholz, und der Kommunalpolitiker Ralph Tegtmeier beschrieben in ihren Beiträgen, wie es zu den Wahlerfolgen der damaligen Faschisten und zur anschließenden Machtübergabe an sie auf Reichsebene kommen konnte. Sie formulierten, welche Lehren für den Umgang mit Rechtsextremen heute daraus gezogen werden können.
Bei der Abschlusskundgebung auf dem Dr.-Ernst-Blumenberg-Platz erklärte Ludmilla Nekrasova, die zweite Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Schaumburg, in einer bewegenden Rede, sie habe in den 40 Jahren ihres Lebens in Deutschland noch nie so starken Antisemitismus erlebt, wie seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023. Als Vertreter des Präventionsrates ging Torsten Deist auf das Motto der Veranstaltung „Erinnern heißt wachsam sein!“ ein, verband es mit der „Stuttgarter Schulderklärung“ von 1945 und schloss mit den Worten: „Wir müssen wachsam sein, und wir müssen dabei, wie es die große Margot Friedländer gerade am Ende ihres Lebens immer wieder betont hat, Mensch sein!“ Musikalisch begleitet wurde der Zug der Erinnerung durch die CJD-Schülerinnen Jossi van Aaken und Josina Töllner, die mit Gitarre und Gesang einen klangvollen Rahmen schufen. Am Mahnmal für die im Faschismus verfolgten und getöteten Juden in der Kurhausstraße, an dem zuvor Blumengestecke niedergelegt worden waren, fand die Veranstaltung in einem stillen Gedenken ihren Ausklang.
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