„Wir sind der Meinung, dass beide Gesetzesänderungen von der Regierung Wulff mit heißer Nadel gestrickt worden sind, um möglichst schnell durch den Verkauf der Krankenhäuser eine kurzfristige, einmalige Einnahmeverbesserung im Landeshaushalt und eine Verschiebung von über 5.000 Stellen aus dem Bereich des öffentlichen Dienstes in die Privatwirtschaft zu erreichen”, meinte der heimische SPD-Landtagsabgeordnete Heiner Bartling vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Schaumburger Wochenblatt. Bartling und der Landtagsabgeordnete Helge Limburg (Bündnis 90/Die Grünen) haben, begleitet von den Professoren Dr. Werner Heun (Göttingen) und Professor Dr. Jörg-Martin Jehle, die Antragsteller vertreten. Für die Landesregierung hat die Staatssekretärin Christine Hawighorst (CDU) Stellung bezogen.
Bei dem Konflikt geht es im Wesentlichen darum, ob mit dem Verkauf der Landeskrankenhäuser auch die entsprechenden hoheitlichen Aufgaben an Private übertragen werden dürfen. Die „Maßregeln der Besserung und Sicherung” sind neben der Strafe eine zusätzliche Reaktionsmöglichkeit auf Straftaten. Bei ihrer Anwendung werden elementare Eingriffe in die Grundrechte der einzelnen Betroffenen vorgenommen.
Vorsitzender Ipsen erinnerte zu Beginn des zweieinhalbstündigen „lebendigen Rechtsgespräches” daran, dass die Übertragung von hoheitlichen Aufgaben auf private Kliniken nichts Neues ist. Dies hat für Heun aber keine rechtliche Bedeutung für das Verfahren. Bislang seien es besondere Einzelfälle wie beispielsweise Demenz gewesen, zukünftig sollen grundsätzlich alle Fälle privatisiert werden. Prof. Dr. Werner Heun: „Eine verfassungswidrige Praxis kann nicht zum Gewohnheitsrecht werden.” Für die Antragsteller, so Heun, sei Artikel 60 der Niedersächsischen Landesverfassung die einschlägige Vorschrift. Sie legt fest, „dass die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse in der Regel Angehörigen des Öffentlichen Dienstes zu übertragen ist”. Hawighorst hat Zweifel bezüglich der Anwendbarkeit des Artikels 60. Sie meint, dass er „nur Aufgaben innerhalb des Öffentlichen Dienstes, zwischen Angestellten und Beamten” betrifft. Die neuen Regelungen hält sie für verfassungsgemäß. Die Übertragung auf private Träger sei ein „neuer niedersächsischer Weg, weg vom alten Denken”. Entwicklungen in der Psychiatrie müssen, so Hawighorst, eine verfassungskonforme Auslegung zulassen und andere verfassungsrechtliche Regelungen ermöglichen. Schließlich stehe die Therapie im Vordergrund. Diverse Nachfragen der Richter haben allerdings Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gesetze verstärkt. Foto: hb/m