Personensuchen sind komplexe, akribisch geplante Einsätze, die gepaart mit Teamarbeit und technischer Unterstützung Menschenleben retten können. Thomas Böhm und sein Team zeigen, wie entscheidend Organisation, Flexibilität und der Einsatz vielfältiger Ressourcen dabei sind.
Wenn Menschen vermisst werden, beginnt ein komplexer und sorgfältig koordinierter Einsatz, der oft Leben rettet. Thomas Böhm, Ortsbrandmeister in Rodenberg und Einsatzleiter bei einer jüngsten Suche nach einer vermissten Seniorin, erklärt, wie Personensuchen in der Praxis ablaufen und welche Herausforderungen es dabei gibt.
So läuft die Suche nach Vermissten ab
Die Polizei führt bei Vermisstenanzeigen die federführende Aufsicht. Sie entscheidet, wann und wie viele weitere Einsatzkräfte hinzukommen. Die Suche gliedert sich dabei in drei Hauptschritte, die parallel geplant werden, um jederzeit flexibel auf neue Erkenntnisse reagieren zu können. Berücksichtigt wird natürlich, wer gesucht wird, ob Kind, Jugendlicher, oder ein Erwachsener, daran passt sich in erster Linie der Suchradius und die Orte an, an denen die Einsatzkräfte anfangen.
„Zunächst wird nach einer schnellen Erstsuche im nahen Umfeld gesucht”, so Böhm. Das sind besonders aktuelle oder frühere Wohnorte und Lieblingsplätze der vermissten Person, auch Bekannte, Freunde. Diese schnelle Absuche erfolgt meist allein durch die Polizei, denn bei vielen Fällen – gerade bei dementen Personen – führt schon das unmittelbare Absuchen nach Sicht zum Erfolg. Anwohner werden gebeten, aufmerksam zu sein. So auch bei der Suche die am Sonntagnachmittag in Rodenberg startete, bei der die Freiwillige Feuerwehr zunächst rund 40 Kameraden mobilisierte. Gleichzeitig organisierte der Einsatzleiter Thomas Böhm weitere Hilfskräfte, fragte nach Suchhunden in der Region an und prüfte den Einsatz von Drohnen mit Wärmebildkameras. Letztere erfordern jedoch genaue Flugplanungen, da der reguläre Luftverkehr nicht eingeschränkt werden darf. Hubschrauber werden dagegen von der Polizei angefordert, geplant und eingegesetzt.
Schritt zwei beginnt, wenn die Erstsuche keinen Erfolg bringt. Dann erfolgt eine vertiefte Suche, bei der auch schwer zugängliche Orte einbezogen und markante Plätze wie Bushaltestellen, Trafohäuschen erneut angefahren werden. Die Suche weitet sich aus, beispielsweise auf umliegende Feldwege oder Wälder, wie den Deister bei Rodenberg. Gerade bei Demenzkranken, die oft im Kreis wandern, wird besonders gründlich gesucht, also auch hinter den Bushaltestellen. Im Falle der Seniorin war es so, dass ihre Familie eine Parzelle Wald besitzt, die auch gleich mit abgesucht wurde.
Dabei spielen nun auch Mantrailer-Hunde eine entscheidende Rolle: Sie verfolgen Geruchsspuren und zeigen Wege auf, die die vermisste Person möglicherweise gegangen ist. Beim Rodenberger Einsatz waren Hunde von der DLRG, den Johannitern und dem DRK im Einsatz. Die Hunde liefen unabhängig voneinander dieselbe Spur vom Wohnhaus in den Deister und zurück ins Stadtgebiet ab und lieferten damit wertvolle Hinweise. Sie können allerdings nur kurz eingesetzt werden, da ihre feinen Spürnasen ermüden.
Das ganze drumherum
Die Einsatzleitung teilt sich vor Ort in verschiedene Bereiche auf. Darunter gibt es die technische Leitung, das Personalmanagement und die Versorgung. Bei der Koordination werden zahlreiche Details bedacht: In Rodenberg mussten etwa Jagdpächter informiert werden, damit laufende Hunde nicht versehentlich erschossen werden. Einsatzkräfte, die von außerhalb kommen, benötigen ortskundige Begleiter. Für Schutz vor Sonne und Insekten wird gesorgt, und alle arbeiten koordiniert als Team zusammen. Die Familie der vermissten Person bekommt zudem eine Betreuung durch den psychosozialen Dienst der Polizei, um die Situation gut durchzustehen.
Der zeitliche Faktor ist oftmals entscheidend: Je schneller die vermisste Person gefunden wird, desto besser, besonders, wenn eine Notlage vorliegt oder vorliegen könnte. Deshalb laufen oft parallel verschiedene Suchaktionen, um schnell auf neue Erkenntnisse reagieren zu können. „Wir planen von Anfang an alles durch und freuen uns, wenn der Plan nicht bis zum Ende umgesetzt werden muss,” erläutert Böhm. Ziel ist es, von Anfang an alle Möglichkeiten offen zu halten und auch flexibel zwischen Suchmustern zu wechseln, wenn sich konkrete Hinweise ergeben.
Dabei ist die Zusammenarbeit von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst unerlässlich. Freiwillige der Feuerwehr übernehmen vielfältige Aufgaben, von der Unterstützung bei Suchgängen und der Versorgung der Einsatzkräfte bis hin zur Absprache mit der Presse. Das ist auch ein sensibles Feld, wie Böhm erklärt. Stichpunkt Öffentlichkeitsarbeit: „Man muss die Spannung bei der Bevölkerung halten, so dass wenn Hilfe durch die Anwohner gebraucht wird, sie gern gegeben wird, aber auf der anderen Seite müssen wir in erster Linie bei Suchen die Spuren schützen, es nützt wenig, wenn Helfer unkoordiniert auf eigene Faust losgehen.”
Hinweise aus der Bevölkerung sind oft sehr wertvoll. Bürger werden gebeten, aufmerksam zu sein und Verdachtsmomente zu melden, ohne die Einsätze zu stören. So leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Erfolg der Suche.
Abschließend kann man sagen, dass es kräftezehrend für die eingesetzten Suchhilfen ist, vor allem, wenn sie auch die Vermisste und deren Familie selbst kennen. „Schlimm ist es, wenn die Suchen ohne ein Ergebnis enden”, unterstreicht Böhm. Für die Einsatzkräfte sind solche Einsätze emotional belastend, da sie keinen Abschluss haben. Natürlich gibt es auch psychosoziale Unterstützung, um Erlebtes zu verarbeiten und für nächste Einsätze gestärkt zu sein.
Über die konkrete Suchaktion in Rodenberg lesen Sie den Einsatzbericht: Glückliches Ende nach großer Suchaktion – Vermisste Seniorin lebend aber verletzt gefunden