Suchergebnisse (Smartphone) | Schaumburger Wochenblatt

Bei ganz genauem Hinsehen kann man erkennen, wer auf dem Gruppenbild verwackelt ist und somit am Limit seines „Digital Detox”.  (Foto: ste)

Smartphone-Fasten im getarnten „Zeltlager”

Vorgewarnt waren die 35 Teilnehmer beim als „DLRG Zeltlager Goldenstedt” getarnten Digital-Detox-Camp zwar bereit mit der Einladung, auf der klar stand: „Keine elektronischen Geräte mitbringen!” Aber vielleicht hatten es manche überlesen, vielleicht dachten einige auch, dass das in der heutigen Zeit gar nicht ernst gemeint sein kann. Und so gab es trotz des angedrohten Smartphone-Fastens 36 Anmeldungen für den Feldversuch. Hier ein kleines und völlig unwissenschaftliches Fazit aus der Lagerküche, die übrigens ihre Rezepte auch nicht von „chefkoch.de” & Co. ablesen durfte, sondern ganz Oldschool nach Einkaufsliste, Gefühl & Wellenschlag und vorhandenem Material kochte; plus eine Prise Salz. Fazit hier: Offensichtlich geglückt, denn viele Kinder lobten das gute Essen. Punkt zwei: Ein Zelt ist kein Luxuszimmer mit All-In-Komfort! Das wurde den nicht Lagererfahrenen schnell beim Aufbau klar. Stellte aber im Verlauf keine größeren Probleme dar, bis auf die nächtliche Kälte, die von unten in die Knochen kroch. Punkt drei: „Geschäfte” größeren und kleineren Ausmaßes mussten vorwiegend auf warmen Klodeckeln verrichtet werden! Zwei Toiletten für mehr als 60 Zeltplatzbewohner machen die notwendigen Geschäftsgänge zu einer Herausforderung der besonderen Art. Doch am Ende auch hier: Kein Problem! Punkt vier (und jetzt wird es interessant): Das Handy-Playstation-Nintendo-Fernseh-TikTok-Internet & mehr Verbot! Vorsichtshalber waren Beruhigungstees, Baldriantropfen, Globulis und ein Notfallhandy für ganz schwere Fälle im Gepäck. Beim Bustransport zum Hartensbergsee in Goldenstedt verdrängte die Aufregung auf das Kommende noch das Zittern in den Händen der Kinder und Jugendlichen, dann der Aufbau der Zelte, Essen und Lagerfeuer. Der erste Abend war so prall gefüllt mit Action, dass es keine Ausfälle gab, doch der nächste Tag sollte zeigen, wer es schaffen würde, vier Tage ohne soziale Medien auszukommen, oder wer den Versuch abbrechen muss. Das Jugendleiterteam selbst hatte programmatisch alles dafür getan, dass „Digital Detox” glücken sollte und das Spiel „Mister X” aufgelegt. Nachmittags noch ein wenig Strandspiele, Stand-up-Paddling und dann wieder Essen, Lagerfeuer und Werwolf-Spiel. Auch Tag zwei ging vorbei ohne einen Ausfall. Der dritte Tag könnte dann allerdings haarig werden, aber auch hier volles Programm, wenig Leerlauf und viel Sonne. Abends Zirkusprogramm und dann war auch der dritte Tag geschafft. Abreisetag! Die letzte Herausforderung für die Versuchskaninchen, die unwissenschaftlichen Begleiter und Dokumentatoren des Camps. Konnte man da in einigen Augen bereits Entzug erkennen? Zitterten da nicht einige Hände? Merkwürdigerweise nicht. Es schien, als seien alle ein Stück weit entspannter als sonst, schauten sich gegenseitig in die Augen, statt auf das (nicht vorhandene) Handy. Ein Psychologenteam (Quelle ZDF) fand heraus: „Smartphone-Fasten kann das Gefühl von Autonomie, das Selbstbewusstsein, Konzentrationsfähigkeit und die Zufriedenheit erhöhen, wenn auch nur geringfügig. Zu den negativen Folgen von digitalem Stress gehören Symptome wie starke Erschöpfung, schnelle Gereiztheit und geringere Leistungsfähigkeit!” Für das DLRG-Pfingstzeltlager (lassen wir also alle im Glauben, dass es das wirklich war) galt das nicht. Die Leistungsfähigkeit kann als hervorragend eingestuft werden. Um den Feldversuch zu verifizieren soll es im nächsten Jahr wieder ein solches Fake-Camp geben. Mal schauen, wer sich traut mitzufahren? Ein Tipp am Rande: Schnell in die DLRG-OG-Rinteln eintreten und vielleicht schon einmal mit einigen Smartphone-Auszeiten in Vorleistung gehen.
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