Auf die Idee, mit dieser Maßnahme dem durch Sturm Kyrill ausgelösten Preisverfall bei Nadelholz zu begegnen, hat ein Sägewerksbesitzer in Bissendorf bei Osnabrück die hiesigen Forstgenossen gebracht. Die Waldbesitzer in den Gemarkungen Hülsede, Beber und Bakede haben schon so manchen Vertrag mit ihm gemacht. Nun hörten sie auf seinen Vorschlag. In Süddeutschland sei nach früheren Stürmen wiederholt damit Erfolg erzielt worden. Dankbar nahmen sie auch das Angebot maschineller Unterstützung an. So konnten die beiden Forstwirte unter Aufsicht von Förster Horst Ebeling bald ans Werk gehen.
Inzwischen sind sechs Polter fertig: Vier befinden sich am Rande des Dachtelfelds oberhalb von Hülsede, zwei weitere sind im Raum Bakede entstanden.
Ebeling zog jetzt auch Bilanz. Heftig hatte Sturm Kyrill in den Revieren gewütet. Danach lagen 22.000 Festmeter von hiebreifem Holz am Boden, allein 9.000 im Bereich Hülsede. „Das ist die Einschlagmenge von drei Jahren”, rechnete der Waldexperte vor, der zudem darüber klagt, dass mehr Buchen als anderswo ebenfalls dem Druck des Windes nicht mehr standhielten. Die umgerissene Menge machte sogar mehr als die Hälfte des Gesamtschadens aus.
Während sich aber Buche vor allem wegen anhaltender Nachfrage aus Fernost schnell verkaufen ließ, war bei den Fichten guter Rat teuer. Aufgrund des plötzlichen Überangebots sank der Festmeterpreis im Nu um über 30 Prozent.
Unter Wert aber wollten die Anrainer ihre „Ernte” nicht verkaufen. Denn viele Stämme fielen in ihrer im Volksmund in der Vergangenheit so bezeichneten „Sparkasse” zu Boden: eine Fläche am Dachtelfeld, auf der besonders schlanke und gut gewachsene Bäume hohen Ertrag versprachen.
So aber wurden rund 2500 Stämme der durch die Natur gewaltsam gefällten Bäume für mögliche bessere Marktzeiten aufgeschichtet. Sie besitzen bereits die übliche Transportlänge von 20 Metern. Außerdem wurden sie entrindet, um den Borkenkäferbefall auszuschließen. Ein wenig kurios verlief lediglich die Anlieferung der ausgedienten Autoreifen. Immerhin wurden etliche Pneus als Beschwer für die Folien benötigt. Das brachte die Forstleute vorübergehend sogar in polizeilichen Verdacht: Wanderer hatten die Anlieferung beobachtet sowie die Zwischenlagerung entdeckt und darin bereits einen Umweltfrevel in den abgelegenen Waldstücken vermutet. Doch nach ein paar Telefonaten war die Angelegenheit rasch geklärt.
Viel länger dürfte es wohl mit dem späteren Verkauf dauern. „Auf mindestens ein Jahr” hat sich Ebeling eingerichtet. Seines Wissens ist die jetzt im Süntel betriebene Lagerhaltung einmalig in der Region. Anderswo wurden die Bäume entweder unter Wert verkauft oder in ihrem Urzustand belassen und wegen der Borkenkäfergefahr ständig mit Wasser besprüht. Doch dieses Verfahren sei mehr als doppelt so teuer wie das hiesige Prinzip. Ob sich am Ende der höhere Aufwand für die Waldbesitzer rechnet, werde sich zeigen: „Wir müssen halt dieses Risiko eingehen.”
Den Waldexperten bereiten fast mehr noch die weiteren von Kyrill hinterlassenen Spuren Sorgen. Weite Waldflächen auf der Hochebene sehen nach Ansicht des Vorsitzenden der Hülseder Forstgenossen, Wilhelm Meyer, aus wie eine „Mondlandschaft”. Wurzelteller ragen in die Höhe; Äste und Zweige liegen wirr durcheinander. Baumstümpfe erweisen sich im allmählich ausbreitenden Grün als Stolperfallen. Die Stuken bleiben im Boden: „Sie zu entfernen, kann keiner bezahlen”, macht Ebeling deutlich. Ihm graut schon davor, im nächsten Frühjahr die Flächen zwischen den neugepflanzten Bäumchen zu mähen, damit diese „Luft” bekommen: „Das wird ein hoher personeller Aufwand.” Ebeling sieht deshalb die eigentlichen finanziellen Folgen des Sturms erst in den nächsten Jahren auf die Waldbesitzer zukommen, weil der Holzeinschlag reduziert wird, jedoch Kosten für die Aufforstung entstehen. Foto: al