Dabei stellte Scherf einmal mehr seine außergewöhnlichen Kommunikationsfäigkeiten unter Beweis: Mal tätschelte er einer aufmerksamen Zuhörerin in der ersten Reihe die Haare, mal begrüßte er zu spät gekommene Gäste persönlich mit Handschlag an der Tür.
In seinen Ausführungen stellte Dr. Henning Scherf zunächst fest, dass in unserer Gesellschaft nach wie vor Angst vor einer Überalterung herrsche. Vielen Menschen bereite die Entwicklung auch persönliche Sorgen. Sie seien unsicher, was auf sie im Alter zukommen werde: Was wird man sich noch leisten können? Was passiert, wenn man pflegebedürftig wird? Wo und wie wird man wohnen?
Henning Scherf, von 1995 bis 2005 Bürgermeister von Bremen, hat derartigen Sorgen in seinem Buch „Grau ist bunt” ein ganz neues Altersbild entgegen gestellt. Scherf lebt schon seit einiger Zeit mit seiner Frau in einer Wohngemeinschaft in der Bremer Innenstadt und bezeichnet seine Mitbewohner als Wahlfamilie.
Sein Credo hat er für sich selbst längst realisiert: „Wir müssen die starre Trennung zwischen Alt und Jung aufheben, die starre Abfolge von Ausbildung, Arbeit und Ruhestand auflösen und die Chancen erkennen, die sich durch das Altern ergeben.”
Für Scherf persönlich hatten die Vorbereitung auf das Alter bereits begonnen, als er und seine Ehefrau noch nicht einmal 50 Jahre alt waren. Die Kinder seien da bereits alle aus dem Haus gewesen, und schon bald hätte man angefangen sich mit dem Thema Alter zu beschäftigen. Ganze vier Jahre, so Scherf, hätte er mit rund 40 interessierten Freunden diskutiert - am Ende seien nur noch zehn verblieben, die dann gemeinsam ein altes Haus in der Bremer Innenstadt erwarben und umbauen ließen. Und Scherf hatte praktisch das Unmögliche gefunden, was er zu Beginn seiner Ausführungen in Rinteln formuliert hatte: einen „Bauernhof auf dem Markplatz”.
Dass die Wohngemeinschaft seit vielen Jahren so gut funktioniert, liegt offenbar auch an der bunten Mischung der Bewohner: Neben Ehepaaren wohnen dort bisweilen auch Singles, junge Leute und sogar ein Priester. Foto: km