Der erste Vorfall hatte sich bereits im Februar ereignet. Damals waren in einem benachbarten Landkreis bei „vermeintlichen Tierfreunden”, wie Schaumburgs Kreisveterinär Ulf Güber bemerkte, verfilzte und halbverhungerte Tiere übernommen und dem hiesigen Tierschutzverein übergeben worden. „Wir konnten das tun, weil wir gute Unterstützer in unseren Reihen wissen”, erklärte Vorsitzende Jutta Schneider. Eine von ihnen ist die Feggendorferin Silke Hafenrichter, die neben fünf eigenen Vierbeinern immer wieder einmal zur Aufnahme von malträtierten Tieren in ihrem Stall bereit ist.
Anfang Mai war sie ein weiteres Mal gefordert: Beim Anblick von drei Shetland-Ponys stockte selbst erfahrenen Tierschützern der Atem: Sie standen in 70 Zentimeter hohem Mist ohne frische Einstreu. Die Hufe glichen „Cowboystiefeln”: Sie waren auf eine Länge von bis zu 20 Zentimetern gewachsen. Güber rechnete vor: „Pro Monat wächst ein Huf bis zu einem Zentimeter, wenn das Tier nicht bewegt wird und keine Pflege durch einen Hufschmied erfährt.” Ein Pony war nicht mehr zu retten: Wegen bereits deformierter Gliedmaßen und Sehnen musste es eingeschläfert werden. Bei den beiden Artgenossen konnte nur mit Korrekturen durch einen Spezialisten gerade noch einmal geholfen werden.
Der Kreistierarzt ist nach wiederholten Vorfällen besorgt, dass die Zahl verwahrloster Tiere weiter ansteigen könnte. Er sei zwar zuständig „vom Aquarium-Fisch bis zum Zirkuselefanten”, aber das Gros seiner Tätigkeit machten inzwischen neben Hunden besonders Pferde aus. Güber glaubt, einen Grund in der seit Jahren andauernden Aufgabe von Höfen zu wissen: Ställe und Scheune stünden leer, würden an Pferdehalter verpachtet, die ihrerseits mangels Erfahrung nicht überblicken, welchen Arbeits- und Pflegeaufwand Tiere verursachen. „Dann wächst das denen über den Kopf, und der Leidensweg beginnt”, ist er sich mit Jutta Schneider einig. Diese fürchtet sogar eine große Dunkelziffer bislang unbekannter Fälle.
Für Pferdeexpertin Hafenrichter gibt es noch einen weiteren Aspekt: „Alte Pferde werden, weil sie höhere Kosten verursachen, abgegeben – auch in gutem Glauben, sie gut versorgt zu wissen.” Die Wirklichkeit sehe dann aber oft anders aus.
Güber und Schneider appellieren deshalb an die Aufmerksamkeit von Nachbarn und Passanten. Auffälligkeiten sollten dem Landkreis unter (05722) 9668 13 mitgeteilt werden. Die Vorsitzende weiß allerdings, dass mit jedem in Obhut genommenen Tier für den Verein weiterer Aufwand verbunden ist – auch finanzieller Art. Denn er trägt in der Regel die Kosten für Futter, Tierarzt und Schmied. Für Zeit und Pflege müssen dagegen Helfer wie Silke Hafenrichter selbst aufkommen, auch wenn diese die Grenzen ihrer Möglichkeiten erreicht hat: „Ich muss schließlich für meinen Lebensunterhalt aufkommen.”
Deshalb wünscht sie sich mehr Unterstützung durch öffentliche Stellen – und mehr Verantwortungsbewusstsein bei Tierhaltern. damit es gar nicht so weit kommen muss wie bei den kleinen Ponys. Zwei konnten bereits erfolgreich in gute Hände vermittelt werden. Und auch die jüngsten Pflegefälle machen auf der Feggendorfer Weide bereits wieder den allerbesten Eindruck.
Foto: p.