Polizeizeichner Dirk Scheerle macht seine Arbeit im LKA seit 1988 und hat 500 bis 600 Einsätze pro Jahr. Ein Polizeibeamter, so Scheerle, sei immer auch ein Sozialarbeiter am Menschen und die Opfer, die mit ihm gemeinsam ein Bild vom Täter erstellen, teilen ihre Erinnerungen und Wahrnehmungen mit: „Und die können auch trügen”, demonstrierte er anhand eines Schachbrettmusters mit Farbveränderungen durch veränderte Lichtverhältnisse. Für sich selbst hat der Polizeizeichner eine Form der eigenen Verarbeitung gefunden, um die ihm geschilderten schlimmen Ereignisse nicht mit nach Hause tragen zu müssen: „Besonders schlimm ist es, wenn Kinder betroffen sind!” Auch in seinen Arbeitsbereich fallen Verfahren, um länger vermisste Kinder mit einem „Gesichtsalterungsverfahren” so darzustellen, wie sie mutmaßlich heute aussehen: „Eine hochmoderne und aufwändige Arbeit!”
Werner Kedings Aufgabe war im Gesprächskreis wohl die schwierigste. Er berichtete vom Tod seines Sohnes, der vor 15 Jahren durch einen entfernt Bekannten im Alter von 20 Jahren getötet wurde. „Es waren die schlimmsten fünf Tage, als wir nicht wussten, was mit unserem Sohn passiert ist!” Viele Freunde und Bekannte beteiligten sich an der Suche nach dem zunächst Vermissten. Als feststand, dass Alexander tot war, ging die Tortour für die Eltern weiter mit den notwendigen polizeilichen Ermittlungen und den ständig präsenten Medien, die sogar auf der Beerdigung Filmaufnahmen fertigten. Vor Gericht traten die Eltern dann als Nebenkläger auf und der Täter wurde letztlich nicht als „Mörder” lebenslänglich verurteilt, sondern als „Totschläger” musste er zehn Jahre ins Gefängnis. Doch nicht nur der Täter wurde hier verurteilt, so Keding, auch die Eltern haben ihr Urteil erhalten: „Und zwar lebenslang ohne unseren Sohn!” Und etwas bewegte den Vater noch: „In der Verhandlungspause ging ich zum Rauchen mit selbstgekauften Zigaretten und musste mit ansehen, wie die ev. Gefangenenseelsorge dem Täter eine Zigarette anbot; seitdem habe ich ein gespaltenes Verhältnis zur Kirche!”
Wo man als Opfer einer Straftat Hilfe erhalten kann, das schilderte Thomas Weishaupt vom „Weissen Ring”. Dort kann man unter Hilfestellung für Rechtsberatung bekommen, man erhält Kontakt zu speziell geschulten Opferanwälten als Gegenstück zu Pflichtverteidigern der „Weisse Ring” unterstützt Opfer auch dann, wenn sie noch keine Anzeige erstattet haben oder möchten. Die Außenstelle Schaumburg ist erreichbar unter 0151/55164711 oder unter thomas.weishaupt@gmx.net.
Eine handverlesene Anzahl von Interessierten hörte sich die Ausführungen der vier Podiumsmitglieder an. Fazit: Für ein Opfer gibt es nie eine gerechte Entscheidung am Ende eines Verfahrens, man muss als Opfer einen Weg aus der Opferrolle heraus finden! Doch am Ende ist es wichtig, dass man das Gefühl hat, alle beteiligten Behörden hätten ihr Bestes gegeben und das man ernst genommen wird: „In meinem Fall war das so”, sagte Werner Kerding.
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