Als „ganz gefährlich” bewerten die Mitglieder des Integrationsbeirates eine Teil der Äußerungen in Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab” in ihrer letzten Sitzung. „Das führt dazu, dass die Angst vor Überfremdung wächst und Muslime ausgegrenzt werden”, so Jürgen Lingner.
„Insgeheim spricht er einen großen Teil der Bevölkerung an”, so Selvi Arslan-Dolma, „andererseits bietet das die Möglichkeit für uns, die Frage zu stellen, wo für jeden einzelnen die Grenze liegt.” Gemeint ist damit die Grenze dessen, was noch zur Integration gehört und wieviel Selbstaufgabe zu leisten ist, bis jemand als integriert gilt und welche konkreten Erwartungen die Gesellschaft eigentlich an einen Menschen mit Migrationshintergrund stellt. „Keiner traut sich an eine genaue Definition.” Laut Arslan-Dolma solle vor allem das pauschale Denken, die „Schubladen”, abgeschafft werden. Für den Vorsitzenden Timur Sahin ist die Bildung der Lösungsansatz der Integrationsproblematik. Motivation ist Sache der Eltern, die aus seiner Sicht stärker in den Integrationsprozess einbezogen werden müssten. Eine gleiche Chance für alle Kinder sei lediglich über den Besuch von Kindertageseinrichtungen zu erreichen. Michael Schalich, zweiter Vorsitzender, erinnerte: „Integrationsmuffel treten auch zunehmend unter Deutschen auf”. Die Ereignisse um die diesjährige Demonstration der Rechten in Bad Nenndorf war dem Beirat ebenfalls einen Rückblick wert. Die kritisierten das Chaos aus Genehmigungen und Verboten, das noch bis kurz vor dem Demonstrationstag anhielt. Die knappe Entscheidung, erst am Abend zuvor eine Gegenveranstaltung zu erlauben, habe aus ihrer Sicht dazu geführt, dass weniger Menschen daran teilgenommen hätten. Darüber hinaus stellten sie Teile der Polizeieinsatzes in Frage, lobten jedoch den Einsatz des Bündnis Bad Nenndorf ist bunt” und den Einsatz vieler Anwohner. Wenn es möglich sei, dieses Engagement ins nächste Jahr zu transportieren, rechnet sich der Beirat auch eine steigende Beteiligung der übrigen Bad Nenndorfer aus. „Wenn die Mehrheit der Bevölkerung mitmacht, kriegen die da kein Bein mehr an die Erde”, saget Schalich. Was für die Beiratsmitglieder erklärtes Ziel ist, unabhängig in welcher Konstellation sie künftig aufgestellt sind. Für den 30. November steht nämlich eine konstituierende Sitzung an, die Neuwahlen beinhaltet. Der Beirat selbst spricht von Neuordnung und einer „Neuausrichtung der Arbeit”, womit gleichermaßen internen Differenzen und den Zielsetzungen Rechnung getragen wird. Inwieweit sich tatsächlich personelle Veränderungen ergeben, bleibt abzuwarten. Zumindest hat die Doppelspitze aus Sahin und Schalich erklärt, sich erneut zur Wahl zu stellen.