Gesine Schwan kritisierte, dass in der deutschen Diskussion über die europäische Schuldenkrise wieder pauschale Zuweisungen gegenüber Völkern geäußert würden, die man längst überwinden geglaubt habe. „Wir Deutschen haben alles richtig gemacht, die anderen alles falsch, deshalb sind sie selbst schuld an ihrer Situation”, mit solchen Argumentationen sei eine moralisierende Deutung einer ökonomischen Krise aufgebaut worden.
Eine Deutung, welche die Solidarität gegenüber den mit schweren wirtschaftlichen Problemen kämpfenden Menschen in den europäischen Partnerländern in Frage stelle. Schwan wies die vereinfachenden Darstellungen zurück. Erinnerte etwa daran, dass manches Krisenland eine niedrigere Staatsverschuldung hatte als Deutschland, bevor die Rettung des kollabierenden Bankensystems zu riesigen Haushaltsdefiziten geführt habe. Der Bundesregierung warf sie vor, in der Krise Europas ohne Vision und langfristige Strategie zu agieren. Die Beschränkung allein auf Ausgabenkürzungen führe nicht zum Ziel und habe verheerende soziale Folgen. Begleitend seien öffentliche Investitionen notwendig, in sehr kluge, langfristig wirksame Projekte zur Stärkung der Infrastruktur.
Michael Roth stellte die Bedeutung der europäischen Gemeinschaft für Deutschland heraus. Mit seiner zentralen Lage sei kaum ein Land in der EU so verwundbar wie Deutschland. Die große Rolle des Außenhandels komme hinzu. Der Erhalt der Gemeinschaft liege so auch im ureigenen Interesse Deutschlands. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit in manchen Krisenländern sei eine Tragödie, eine ganze Generation drohe abgehängt zu werden. Roth und Schwan hielten dazu fest, dass eine Reihe von aktuellen Problemen im nationalstaatlichen Rahmen gar nicht bewältigt werden könne und die europäische Zusammenarbeit deshalb unverzichtbar sei.Foto: bb