An jenem Abend las er aber nicht nur abwechselnd mit seiner Frau Renate aus seinem Werk vor, sondern erzählte auch. Zum Beispiel wie er als Jugendlicher aus einem Gefallen heraus für einen Freund seine Renate als Brieffreundin kennen- und beim Treffen auf den ersten Blick lieben lernte. „Und diese Vertrautheit hält bis heute an.” In die Deisterstadt kam er, weil ihn die hannoversche Firma Stahlflanschen als Einkaufsleiter abgeworben hatte und er, der das flache Land nicht möge, auf dem „letzten Hügel” vor der Landeshauptstadt ein Haus kaufen wollte. 1985 machte er sich als Stahlhändler selbstständig. Er bereis-te unter anderem Rumänien, Bulgarien, die Ukraine und Sowjetunion sowie viermal Nordkorea. Geschäfte wurden oft nur per Handschlag besiegelt. Sprachprobleme? „Man braucht keine Sprache”, antwortete Jahn auf eine entsprechende Frage aus dem Publikum. „Wenn ich jemanden anschaue, weiß ich, ob ich mit ihm kommunizieren kann oder nicht.” Auch in der Textilbranche war der Rodenberger Unternehmer kurzweilig aktiv. Er erzählte die Anekdote, dass er Ware im Wert von 20.000 Mark nach Kiew bringen sollte – per Linienbus. „Der Textilhandel mit dem Ostblock lief wirklich gut”, erinnerte sich Jahn. Nach der Grenzöffnung aber verebbte das Geschäft. Mitgebracht hatte das Ehepaar auch eine hundert Jahre alte Bandura, die Jahn geschenkt bekam, nachdem er jahrelang Geschenke für Kinder nach Tschernobyl geschickt hatte. Nur leider könnten weder die beiden das Zupfinstrument spielen noch würden sie jemanden kennen, der es könnte. Foto: jl