LANDKREIS SCHAUMBURG (ste). Das Insektensterben wird durch die niedersächsische Landesregierung als dramatisch bezeichnet. Das, so weiß auch die Leiterin der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreis Schaumburg, Martina Engelking, gilt länderübergreifend und natürlich auch für Schaumburg. Und sie verweist auf die Pressemitteilung des Nds. Umweltministeriums. Darin heißt es unter anderem: „In Deutschland leben über 33.000 Insektenarten, das sind etwa 70 Prozent der Tierartenvielfalt. Verschiedene Studien zeigen einen dramatischen Rückgang von bis zu 80 Prozent der Insektenbiomasse. Diese Studien zeigen auch eine außerordentliche Veränderung der Artenzusammensetzung. Rund 85 Prozent der 2.000 bis 3.000 heimischen Nutz- und Wildpflanzen sind auf Schmetterlinge, Fliegen und Wildbienen als Bestäuber angewiesen. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Zahl der Insekten drastisch reduziert. Allein in Deutschland gelten mehr als die Hälfte der fast 600 Wildbienenarten als gefährdet!” Auf Nachfrage teilt Martina Engelking mit, dass es zum Schutz der Insektenarten wo immer möglich, dauerhaft oder zumindest langfristig naturnah und extensiv unterhaltener Flächen bedarf. Ein Großteil konkreter Maßnahmen für die Artenvielfalt und den Insektenschutz sei somit an Grund und Boden gebunden. Damit seien sowohl die Städte und Gemeinden auf ihren öffentlichen Grünflächen, Feldwegen und Wegrainen gefordert, als auch die Privateigentümer in Hausgärten, Land- und Forstwirtschaft. Der Landkreis Schaumburg bietet zum Teil seit vielen Jahren Förderprogramme an, setzt Maßnahmen um oder unterstützt diese, wie beim Gewässerrandstreifenprogramm, Obstbaumprogramm, Ackerrandstreifenprogramm, bei der Förderung des ökologischen Landbaus, beim Hegeprogramm zusammen mit der Jägerschaft Schaumburg, bei der naturnahen Bewirtschaftung bestimmter landkreiseigener Flächen, beim Ausschluss des Einsatzes von Glyphosat auf landkreiseigenen Flächen, dem neu aufgelegten Förderprogramm zur ökologischen Vielfalt und mit einem Appell an Städte und Gemeinden zur Umsetzung ausstehender Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft. -kein Aktionismus an Wegrainen vor Einsaat oder Umbruch -Verzicht auf einjährige Blühmischen zu Gunsten heimischer mehrjähriger Wildpflanzen -Mehrjährig, um nicht nur temporäre Nahrungsquellen zu schaffen, sondern auch Wohn- und Nistplatz, Schutz- und Rückzugsraum für die Insekten zu bieten. -Heimische Pflanzen, da die meisten gefährdeten Insektenarten nichtheimische Pflanzenarten nicht nutzen können. -Verwendung ausschließlich von zertifiziertem Regiosaatgut außerhalb von Ackerflächen, Gärten oder Parkanlagen. … weiter auf Seite 3 -keine Einsaat von Blühmischungen auf älteren Bracheflächen oder anderen, bereits naturnahen/verwilderten Flächen. Wer mehr darüber wissen möchte, kann nachlesen im Heft des NLWKN „Insektenvielfalt in Niedersachsen und was wir dafür tun können”. Für den NABU Rinteln verweist Dr. Nick Büscher als Vorsitzender auf Positives, aber auch auf Besorgniserregendes. Positiv bewertet werden könne die Rückkehr von Arten in Sekundärlebensräumen wie ehemaligen Kiesabbaustätten und Steinbrüchen wie etwa der Auenlandschaft Hohenrode mit Flussseeschwalbe und Seeadler, oder dem Steinbruch Liekwegen mit der Gelbbauchunke durch gezielte Arten- und Naturschutzmaßnahmen. Doch Dr. Büscher weiß auch: „Wir sehen daran aber auch, dass bestimmte Arten sich aus der Fläche zurückgezogen haben und sie ihre Vorkommen teilweise nur noch in den Sekundärlebensräumen haben.” Die natürlichen Lebensräume wie Flussauen mit Sand- und Kiesbänken seien beispielsweise weitgehend verschwunden. Große Hoffnungen setzt der NABU daher auf das Bundesprogramm „Blaues Band” zur Renaturierung der Oberweser, um am Beispiel der Auenlandschaft Hohenrode weitere Lebensräume im Biotopverbund zu schaffen. Negative Entwicklungen seien im Weserbergland insbesondere bei den früheren „Allerweltsvogelarten” wie beispielsweise der Feldlerche zu erkennen. Die leide unter dem zunehmenden Verlust von extensiv genutzem Weidegrünland. Vielfach sei die Intensivierung der Landwirtschaft, der großflächige Anbau von Monokulturen für Biogasanlagen und auch die immer kürzeren Zeitabstände zwischen Umbruch und Neueinsaat sowie dem Wegfall von Brachflächen eine Hauptursache für den schleichenden Rückgang von Arten. Büscher weiter: „Positiv gewendet kann man auch davon sprechen, dass die Landwirtschaft eine Schlüsselstellung besitzt, den Naturschutz in der Fläche zu unterstützen, da insbesondere der Biotopverbund von großer Bedeutung ist. Bezogen auf die Insektenschutz und den derzeit viel diskutierten Schwund von Biomasse bei Insekten können Landwirte aktiv werden!” Hier verwies Dr. Büscher auf das Projekt „Hier blüht euch was!”, das als Kooperationsprojekt von Stadt Rinteln, NABU und Imkerverein Rinteln auch mit Landwirten bereits erfolgreich durchgeführt wurde und wird (www.hierbluehteuchwas.de). Foto: ste/privat