Die Mutter und ihr Sohn Leon sind im Stadtgebiet im Bereich des Bahnhofs und der evangelischen Kindertagesstätte, in der Nicole Buchholz sonst als Erzieherin arbeitet, unterwegs und sammeln anderthalb Stunden lang Müll ein. Eine Aktion, für die sie der Judotrainer des Neunjährigen ermuntert hat. Als Mitglied der Judolöwen des SV Victoria Lauenau erhält Leon, seitdem kein Training mehr stattfindet, regelmäßig über eine Nachrichtendienst-Gruppe Übungen zum Nachmachen und manchmal eben auch Kreativaufgaben wie ein Gedicht zum Thema Corona zu schreiben oder eben Müll zu sammeln mit der Familie. Gesagt, getan. Gemeinsam mit seiner Mama beseitigt der Drittklässler die Umwelt von Weggeworfenem, ärgert sich am meisten über die vielen Zigarettenstummel. In der Bornstraße, auf Höhe des Kindergartens, hält auf einmal ein Auto an und ein Mann spricht die beiden an, was sie dort täten. Als er von der Müllsammel-Aktion erfährt, ist er so begeistert von dem freiwilligen Engagement, dass er dem Duo eine Flasche Desinfektionsmittel zur Belohnung schenkt. Eine zunächst komische Situation für die Mutter. „Eigentlich nehme ich nichts von Fremden an”, lacht diese im Nachgang. Ihr Eindruck ändert sich, als der Herr erzählt, dass seine Bad Nenndorfer Firma das Produkt selbst herstellt. „Das fanden wir ganz toll und das hat uns noch mehr motiviert”, erinnert sich Nicole Buchholz. Vor allem ihr Sohnemann habe sich darüber gefreut, etwas Gutes zu tun, das andere wahrnehmen und belohnen. Wieder zu Hause angekommen, recherchiert sie nach dem Unternehmen Huk-Ernst und wird fündig. Am nächsten Tag ruft sie dort noch einmal an und bedankt sich beim Geschäftsführer. Benjamin Huk heißt dieser, selbst in der Kurstadt großgeworden. Er erklärt nicht nur Buchholz, sondern auch dem Schaumburger Wochenblatt: Normalerweise stelle seine Firma Reinigungsmittel für Teppichböden und Polstermöbel her. Wegen der Corona-Pandemie seien aber zusätzlich auch 150 Liter Handdesinfektionsmittel produziert worden – allerdings nicht für den Handel, sondern für den Privatgebrauch. „Weil ich die Rohstoffe da habe und gesehen habe, wie Leute mit Desinfektionsmitteln Wucherei betreiben”, so Huk, der nur 20 Liter verkauft hat –”den Rest verschenke ich in kleinen Gebinden”. Dafür mischt sich der Mittvierziger, der selbst zur Hauptrisikogruppe gehört, unters Volk und verteilt die Fläschchen an Menschen, von denen er glaubt, sie könnten sie gut gebrauchen, zum Beispiel Senioren auf dem Wochenmarkt, Altenheimbewohner oder auch Feuerwehrleute. Auch die hiesigen Kitas und Schulen hat er nach eigenen Angaben gereinigt –”zum Sonderpreis”, wie er sagt, weil es ihm nicht darum gehe, damit Geld zu verdienen. „Ich freue mich über alles, was positiv ist, weil es nicht nur Freude verbreitet, sondern auch ein Gemeinschaftseffekt hat.” Zurückbleiben nur Gewinner. Nicole Buchholz und ihr Sohn Leon haben mit der Erfüllung der gestellten Aufgabe nicht nur den Verein glücklich gemacht, sondern auch die Kita-Leitung, und haben selbst dafür etwas geschenkt bekommen. Huk wiederum konnte mit einer kleinen Geste getreu seinem Lebensmotto „Wer gibt, der gewinnt” anderen ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Foto: jl/privat