Aus der Dunkelheit heraus, bei frostigen Außentemperaturen, starteten heute in Bad Nenndorf, kurz nach sechs Uhr, über 100 Fahrzeuge, zu einer Protestfahrt der Landwirte, gegen die Sparpolitik der Bundesregierung gegenüber der Landwirtschaft. Zu dieser Demonstration, im Rahmen der bundesweiten Protestaktionen der Landwirte, hatte Cord Lattwesen, Landwirt und Bürgermeister aus Hohnhorst, aufgerufen. Das Besondere an dieser Demonstration war, dass sich den Landwirten viele Handwerker mit ihren Fahrzeugen anschlossen. Auch sie sehen sich von der Sparpolitik unverhältnismäßig betroffen und unterstützen die Forderungen der Landwirte. „Die Stimmung ist unter den Betroffenen sehr aufgeheizt“, erklärte Lattwesen vor der Protestschleichfahrt gegenüber dieser Zeitung. Die Teilnehmenden kamen überwiegend aus Nenndorf und Rodenberg, aber auch aus dem Raum Barsinghausen schlossen sich Landwirte an. Vom Großparkplatz zwischen Baumarkt und Einzelhandelsgeschäften rollte der Protest von Bad Nenndorf, über die B65 und die B441, bis zum Autohof in Lauenau. Lattwesen: „Berlin hat offenbar immer noch nicht verstanden, dass so, wie sie mit uns Landwirten seit Jahren umgehen, nicht weiterhin umgehen können.“ Bei dem aktuellen Protest – auch angesichts der zurückgenommenen Beschlüsse seitens der Regierung – ginge es nicht nur um die aktuellen Sparpläne der Regierung, „sondern gleichzeitig um die ungeklärten Fragen der Düngeverordnung und die Verordnungen rund um das Tierwohl“. Außerdem wendet sich der Protest gegen die Unterstellung, dass „zu den Landwirten rechter Mob gehört. Die Landwirtschaft ist bunt und nicht braun.“
Erst nach 100 Minuten erreichte der Demonstrationskonvoi, mit seinen weithin sichtbaren gelben Rundumlaufwarnleuchten und Demonstrationsparolen, den Autohof in Lauenau. Auf großen Schildern hieß es: „Sie säen nicht, sie ernten nicht, aber sie wissen alles besser“, „Niemand soll es je vergessen, Bauern sorgen für das Essen“, oder: „Ohne Bauern bleibt der Kühlschrank leer“. Die Demonstration löste lange Staus in alle Richtungen aus. Zudem sperrte die Polizei die Autobahnzufahrten entlang der Strecke, was die Behinderungen der Verkehrsteilnehmer zusätzlich verstärkte und selbst den Protestkonvoi auseinanderriss. Positiv war das Verhalten der Verkehrsteilnehmer in den Staus: Es gab kein Hupen oder aufgeregtes Überholen. Auf die Protestform angesprochen, äußerten die Pkw-Insassen viel Verständnis für die Landwirte und ihre bundesweit gestarteten Protestaktionen. Eher weniger erkennbar für sie, war die Teilnahme und Unterstützung der Handwerker bei diesem Protest, die zusätzlich auf ihre finanziellen Belastungen durch die CO2-Abgabe und die Erhöhung der Mautgebühren aufmerksam machen wollten.
Auf dem Rückweg übernahmen einige der Landwirte die Aufgabe, einen „Neujahrsgruß“ mit formulierten Wünschen den örtlichen Bundestagsabgeordneten zu überbringen, in denen die Hauptforderungen der Landwirte zusammengefasst sind. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erklärte am Abend zuvor: „Man muss auch über die Landwirtschaft reden, wenn es ans Sparen geht, aber da muss ein Konzept dahinterstehen“, dass seit mindestens 20 Jahren fehle.