BÜCKEBURG (hb/m). Auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung hat sich der afghanische Parlamentarier Khalid Pashtoon in Deutschland aufgehalten. Um einen Eindruck von der Wahlkreisarbeit eines deutschen Parlamentariers zu gewinnen, hat er ein Wochenende lang den heimischen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy (SPD) begleitet. Edathy ist nicht nur Vorsitzender des für Sicherheitsfragen zuständigen Innenausschusses des Deutschen Bundestages, sondern zudem Vorsitzender einer deutsch-südasiatischen Parlamentariergruppe. Am Samstagvormittag kam es auch zu einem gemeinsamen Treffen der beiden Abgeordneten mit Vertretern von Amnesty International Schaumburg in der Bückeburger Begegnungsstätte. Khalid Pashtoon vertritt den Wahlkreis Kandahar (Südafghanistan) im afrikanischen Nationalparlament und ist dort Mitglied des Ausschusses für innere Sicherheit und Grenzkontrollen. Er ist einer von 249 Abgeordneten. Es gibt keine Parteien dort; sie sind alle unabhängige Kandidaten. Pashtoon wurde 1960 geboren, ist 1980 nach dem Einmarsch der Russen in Afghanistan in die USA emigriert und hat dort Betriebswirtschaft studiert. Pashtoon gab in einem offenen Gespräch zu verstehen, dass er eine „unsichere Region” vertritt und in seinem Wahlkreis auf militärischen Schutz angewiesen ist. 40 Jahre Kriegsgeschehen haben dafür gesorgt, dass die Demokratie in Afghanistan nicht so verankert ist wie in Europa. „Menschenrechtsverletzungen sind ein Problem”, räumte der Gast ein. Irmgard Klingst hatte mit Hinweis auf den Amnesty International-Bericht 2007 von „schockierenden Verletzungen der Menschenrechte” gesprochen. Pashtoon glaubt aber an Verbesserungen in den nächsten Jahren. Ein Problem seien eine schlecht ausgebildete Polizei und Justiz. Im Unterschied zu der Taliban-Zeit würden die Rechtsverletzungen aber geahndet, während die Taliban ganze Dörfer mit einem Holocaust überzogen hätten, ohne zur Rechenschaft gezogen worden zu sein. Polizisten würden zurzeit mit Unterstützung der USA und der Europäer rechtsstaatlich ausgebildet. Eine bessere Bezahlung sei erforderlich, damit sie nicht anfällig für Korruption werden. Da in Afghanistan technische Mittel für die Beweisführung fehlen, wie DNA und Fingerabdrücke, kommt es regelmäßig zum Einsatz illegaler Mittel, und es werden vom Geheimdienst Geständnisse erpresst. „Eine Sensibilität für Menschenrechte ist in ganz Südostasien nicht gegeben”, meint Pashtoon. Daher greife man auf „archaische Mittel” zurück. Die Methoden der Polizei, Verdächtige unter Drogen zu setzen, um ein Geständnis zu erhalten, seien für ihn „völlig unakzeptabel”. Die Taliban („keine Bildung für niemand”) und die Drogenbosse haben laut Pashtoon ein großes Interesse an einer unsicheren Lage. Sie erlauben keinen Schulbesuch und zünden Schulen an. Es fehlen geeignete Lehrer, da nur wenige im Land geblieben sind, die zudem schlecht bezahlt werden. Afghanistan habe das Problem, dass es viele Personen im Land gebe, die besser als Präsident Hamid Karzai („crazy man”) seien, dessen Bruder zudem in den Drogenhandel verstrickt sein soll. „Die Bevölkerung wünscht Frieden, die Leute erkennen, dass Taliban und Drogen schlecht für das Land sind”, sieht Khalid Pashtoon mit Optimismus in die Zukunft, zumal „die neue US-Regierung sich mehr um Afghanistan kümmern werde”.
Foto: hb/m
Khalid Pashtoon (vorn, v.li.) und Sebastian Edathy sprachen mit Mitgliedern der Schaumburger Gruppe von Amnesty International über die Menschenrechtslage in Afghanistan.