Pörtner freute sich, einen Referenten willkommen heißen zu können, der neben seinem Studium an deutschen Universitäten und seiner Lehrtätigkeit an der Freien Universität in Berlin Lehraufträge an den bekannten Universitäten in Princeton und Oxford wahrgenommen und auf Einladung von Henry Kissinger an der Harvard Universität in den USA geforscht hatte.
In seinem Eingangsreferat „60 Jahre Bundesrepublik - eine Erfolgsgeschichte?” bezeichnete Baring die ersten zehn Jahre nach der Währungsreform als „die beste und erfolgreichste Phase in der Geschichte der Bundesrepublik”. Insbesondere die Politik des damaligen Wirtschaftsministers Ludwig Erhard und die beispielhafte Kraftanstrengung des gesamten deutschen Volkes hätten zum Wirtschaftswunder geführt. Viele positive Impulse seien von der neuen Wirtschaftsform, der solzialen Marktwirtschaft, ausgegangen. Dieses wiederum veranlasste Baring zu der Aussage, dass der Staat kein geeigneter Lenker der Wirtschaft sei. Den kalten Krieg beschrieb er als schwierige Zerreißprobe zwischen Ost und West. Absolute Parlamentsmehrheiten, wie sie in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts noch möglich waren, seien heutzutage nur noch Fiktion. Ein überraschendes Zeugnis stellte er der Großen Koalition, die von 1966 bis 1969 regierte, aus: Sie sei „wahrscheinlich die tüchtigste Regierung gewesen, die Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg bis jetzt gehabt” habe. Davon zeugten sowohl die damals agierenden Politiker als auch die Reformen, die von ihnen auf den Weg gebracht worden seien.
In den siebziger Jahren habe das Schuldenmachen überhand genommen. Dazu hätten viele Gesetze beigetragen, die im sozialpolitischen Bereich verabschiedet worden, ohne daran zu denken, dass viele nachfolgende Generationen den immer größer werdenden Schuldenberg hätten wieder zurückzahlen müssen. Dieses sei auch in den achtziger Jahren unbeirrt fortgesetzt worden, sodass man durchaus von einer „Strangulierung der nachfolgenden Generationen” sprechen könne. Die Wiedervereinigung Deutschlands sei insbesondere dem Reformgeist Gorbatschows, der politischen Stringenz des damaligen amerikanischen Präsidenten George Bush und dem massiven Einsatz Helmut Kohls zu verdanken. Frankreich und England hätten sich in der entscheidenden Phase der Wiedervereinigung zunächst sehr „restriktiv” verhalten. Auch der Mut der DDR-Bürger sei ein Schlüssel für den damaligen Erfolg bei der deutschen Wiedervereinigung gewesen. Große Bedeutung maß Baring der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland bei. So habe sich seit den sechziger Jahren bis heute die Geburtenrate in Deutschland halbiert. Ende des Jahrhunderts würden wahrscheinlich in Deutschland nur noch rund 30 Millionen Menschen leben, davon circa 20 Millionen, die älter als 60 Jahre seien. Der Anteil an Ausländern würde zwar anwachsen, allerdings würde auch bei diesen ein Geburtenrückgang zu verzeichnen sein. Sollte es nicht gelingen, dass die Zuwanderer Deutsche würden und sich unter anderem die Verfassung und die deutsche Lebensweise zu eigen machten, entstünden Parallelgesellschaften aus „nicht integrierten Ausländermassen”.
Weiter führte Baring unter anderem aus, dass die Geschehnisse während des Dritten Reiches auch dazu geführt hätten, dass viele Menschen in Deutschland die Selbstachtung verloren hätten. Dieses merke man daran, wie die Diskussion über die „Leitkultur” geführt worden sei. Man müsse dringend wieder auch das Positive in der deutschen Gesellschaft sehen und herausheben und habe allen Grund, auch stolz darauf zu sein, so Baring.
Mit den Worten „Es lebe die Republik, es lebe Deutschland” beendete Baring seine Ausführungen und erntete vom Publikum tosenden Beifall. Foto: privat