Bredouille auf der ganzen Linie. Der Darsteller: ratlos, das Publikum: drahtlos, sprich: Kein Draht zu dem, was da oben passiert, eben weil nichts passiert, jedenfalls vorerst nicht. Das muss durchgehalten, muss ausgehalten werden. Joseph Bieder - er könnte auch gleich Biedermann genannt werden - wieselt und wuselt auf der Bühne in der Annahme, der Zuschauerraum sei leer. Ist er aber nicht, der Raum ist gefüllt, wenn auch nicht bis auf den letzten Platz, und Bieder ist kopflos. Publikum unten und oben „Schließtag”. Plötzlich ist der Mann hinter den Kulissen in vorderster Front. Fritz Peter Schmidle spielt den Joseph Bieder zwei Stunden lang. Ganz harmlos, ganz hilflos beginnt die „One-man-Show”. Was soll einem Requisiteur auch schon einfallen. Nichts, als zunächst über die belanglosen Aufgaben eines Requisiteurs zu fachsimpeln. Das langweilt in der Tat. Aber dann „lockert sich die Dichtung, bricht die Schale, fliegen Funken zwischen Hut und Schuh” (Peter Rühmkorf). Er ruft Erinnerungen wach an Auftritte, die er begleitet hat. Da steht plötzlich Furtwängler, der gymnastische Verrenkungen vollzieht, ehe endlich die Musik anhebt. Dann schmachtet er in einer Opernarie dahin oder steht als der restlos zerknautschte Bernhard Minetti, gerade noch in der Lage, Wortfetzen heraus zu blubbern, die nur entfernt noch erkennen lassen, dass hier wohl Faust sich von seinem Studierzimmer aus vernehmen lässt. Und dann der Pantomime: Sami Molcho ersteht auf, der, auf einer Mauer stehend, hinter dieser die Treppe hinab schreitet oder beim Sprung von einer Mauer in die Tiefe die Arrangeure es zu gut gemeint haben und eine Matratze am Boden dafür sorgt, dass der Springer mehrfach zurückschnellt in luftige Höhen. Schließlich entfaltet Galina Ulanowa ihre hohe Kunst des Tanzes auf Zehenspitzen. Das alles und noch mehr leistet der Österreicher Fritz Peter Schmidle, ein veritabler Tausendsassa, die Skala von leise versponnen bis eruptiv eskalierend beherrschend, von Eberhard Streuel, aus Dresden stammend, und Otto Schenk aus Wien auf die Bretter gehoben. Was bringt so ein Abend? Nichts als helles Gelächter und hohes Lob für einen Darsteller, dem man seine eigene Freude abspürt für jeden Plot, den er in Szene setzte, ein Bündel von Energie, trotz seiner über 60 Lebensjahre einfach nicht klein zu kriegen. Geboten wurde also eine Spielart von Revue, für die sich das Publikum mit schallendem Applaus bedankte.
Oskar Wedel