„Wenn ich normal nicht mehr fahren kann, dann nehme ich auch so eines”, sagt Teilnehmer Martin Benke kurz vor dem Aufbruch zur 60 Kilometer langen Strecke rund um den Bückeberg.
Allgemeines Gelächter unter den Mountainbikern „für meine Frau wäre das super”, bis hin zu echtem Hohn: „der hat hier nichts zu suchen” so erlebte Jünemann seine Testfahrt. Mit derart bösen Kommentaren hatte er nicht gerechnet.
Doch alles nur halb so schlimm: Bereits am Startpunkt merkt Jünemann die Antriebskraft des Elektromotors. „Als wenn jemand von hinten anschiebt.” Das können auch Heiko Gubner und Christian Alms bestätigen, die sich kurz zuvor auf eine kleine Testrunde einließen. „Unglaublich. Das geht ja gar nicht. Ich bin an den anderen einfach vorbeigezogen”, so Gubner beeindruckt vom Prototypen E-Rider. Als „traumhaft” bezeichnete auch Alms seine erste Erfahrung mit einem Pedelec.
Die ersten 20 Kilometer relativ ebenerdig vorangekommen, erwartet Jünemann vor dem Wierser Tor der erste anspruchsvolle Anstieg. Trotz elektronischem Antrieb muss er mächtig in die Pedale treten. Doch nach mehreren überholten Teilnehmern macht sich oben angekommen ein entspanntes Lächeln breit.
Die Freude über die neue Technik überwiegt nun den vorherigen Spott. Den wohl anspruchsvollsten Teil der Strecke schafft Jünemann mit Leichtigkeit. Die ersten Überholten werden plötzlich interessiert. „Kann ich jetzt auch mal Probe fahren?” fragt einer der Teilnehmer. Weiter geht es.
Die von Organisator Gunther Feuerbach angesetzten 80 bis 90 Minuten Fahrt bis zum Kontroll- und Verpflegungspunkt JBF-Zentrum schafft der E-Bike-Testfahrer in knapp einer Stunde.
Dort angekommen positionieren sich Jan Jünemann und Werner Warnecke etwas abseits ihrer E-Bikes.
Auch hier ist das Interesse der Mountainbiker an den e-betriebenen Innovationen sehr hoch. Immer wieder bildet sich eine Menschentraube um die Elektroräder. „Unter sportlichen Aspekten ist das für mich nicht vorstellbar”, sagt Stephan Radecke, der seit zwölf Jahren aktiv Rad im Kneipp-Verein Obernkirchen fährt. Er habe jedoch nichts gegen die E-Bikes. „Für eine andere Zielgruppe sind die Räder super, gerade wenn es mal hügelig wird. Für Frauen und ältere Menschen bietet sich das absolut an.” Während direkt auf der Strecke die eher fiesen Kommentare kommen, ergeben sich am Verpflegungspunkt lockere Gespräche zwischen Testfahrer Jünemann und den anderen Teilnehmern.
olker Schmidt beispielsweise findet die E-Bikes für ältere Menschen ok, möchte sie aber nicht im Wald haben. Er sehe das als Streitpunkt zwischen Wanderern und Mountainbikern. „Man muss sich das runterfahren schon noch verdienen”, so Schmidt. Mit einigen Interessierten im Schlepptau setzen Jünemann und Warnecke ihre Fahrt zum Zielpunkt fort. Etwa 75 Minuten später kommt der Testfahrer am Feuerwehrgerätehaus in Wendthagen an.
„Ich habe fast gar nicht geschwitzt”, sagt Jünemann nach den rund vier Stunden mit dem E-Bike. Es sei eine tolle Erfahrung gewesen, die Tour mal mit Unterstützung abzufahren. Zwar werde Jünemann in Zukunft wieder auf die eigene Schubkraft setzen, er könne sich aber vorstellen sein Downhill-Bike mit einem Nachrüst-Kit zu präparieren.
Zumal man den E-Antrieb jederzeit herunterschrauben und auch ganz abstellen kann. Auch wenn es viele Kritiker gibt: „Eine Proberunde sollte jeder eingefleischte Mountainbiker ruhig mal drehen und sich vom Fahrgefühl überraschen lassen”, sagt Jünemann. Übrigens: Werner Warnecke, selbst interessierter Mountainbiker und Inhaber des E-Bike-Fachgeschäftes „e-motion” in Obernkirchen hat Jan Jünemann den neuen E-Rider und ein Pedelec zum Test zur Verfügung gestellt.
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