Der Erfolg kommt unverhofft, ist dafür aber umso willkommener: Für fünf junge Künstlerinnen der IGS Schaumburg ist aus einer Projektarbeit im Kunstunterricht ein lukratives Geschäft geworden. Alle haben ihr erstes Werk verkauft. Ein echtes „Tatjana Kahl” und ein „Leonie Ullrich” sind ab sofort im Besitz des Amtsgerichtes Stadthagen und können im Obergeschoss nun von dessen Besuchern bewundert werden.
Mit diesem Ergebnis hatten die Schülerinnen selbst allerdings gar nicht gerechnet. „Ich bin richtig stolz, das war eine echte Überraschung, weil ich dachte die Bilder werden nur ausgestellt”, sagte Leonie Ullrich, mittlerweile Schülerin des elften Jahrgangs. Sie hatte der klassischen Göttin Justizia mit Pastellkreide ein modernes Gesicht verpasst - im Manga Stil. Statt Waage und Schwert gab sie ihr mit Schusswaffe und Wasserwaage neue Werkzeuge an die Hand, die sie gegen zwei Kriminelle einsetzt. Deutlich wird, dass es dabei nur um die Taten, nicht aber die Personen geht. Subtiler und mit einer Portion Kritik hat Tatjana Kahl, Schülerin des 13, Jahrgangs und mittlerweile kurz vor dem Abitur, ihre Beobachtung zum Thema Recht mittels Acryl in Szene gesetzt. Der gezielte Einsatz von Symbolen und Allegorien und eine naturalistische Darstellung waren zwar Teil der Aufgabenstellung, werden von der Künstlerin allerdings voll ausgeschöpft. Ein Adler, Symbol für die Bundesrepublik und Tier mit Scharfsinn, trägt die Waagschalen im Schnabel und bekommt vom Arm des blinden Richters eins auf den Kopf. „Die Gerechtigkeit wird sozusagen von der Justiz erschlagen”, lautet Tatjanas Erläuterung. Trotz offensichtlicher Kritik war es gerade dieses Gemälde, das die Mitarbeiter des Gerichtes beeindruckt hat. „Damit können wir gut leben, wir sind schließlich auch nur Menschen und für Kritik offen”, so Gudrun van Lessen, Direktorin des Amtsgerichts. Das gilt offenbar ebenso für andere Juristen, denn außer dem Gericht gab es viele weitere Interessenten. „Ich möchte auch Kunst studieren”, berichtet Tatjana „das ist jetzt für mich der erste Zuspruch, dass ich mit meinem Beruf die richtige Wahl getroffen habe”. Die Bilder hätten einfach beeindruckt, erinnert sich Geschäftsleiter Sascha Hupe. Immerhin hat die Ausstellung von 16 Werken seit September das Bild der Gerichtsflure geprägt. Mit ihren sehr unterschiedlichen Ideen zur (Un)Gerechtigkeit in der Bevölkerung, Paragraphen und dem Thema Aussage als Zeichnung, Malerei oder Collage umgesetzt, haben auch Sarah Schaak, Marlene Wies und Anja Wingert gepunktet: Ihre Arbeiten wurden von der Kanzlei Jordan erworben und schmücken dort die Räumlichkeiten. Leider hätten nicht alle Bilder behalten werden können, bedauert Hupe. Aber das Amtsgericht möchte künftig ebenso anderen Interessierten die Möglichkeit geben, ihre Kunst im Gerichtsgebäude zu präsentieren.
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