Weibezahl betonte zudem, dass die Zahl der psychosomatischen Erkrankungen weltweit auf dem Vormarsch sei. Die Auflistung der Störungen in Erwachsenenalter reichte von Zwangserkrankungen über Panikattacken bis hin zur Schizophrenie.
Zahlen vermittelten dem Auditorium auch im weiteren Verlauf der Ausführungen des Experten neue Erkenntnisse. In der „epidemiologischen” Rangliste stehen die Depressionen an oberster Stelle: 12 bis 16 Prozent der Männer sind irgendwann mal davon betroffen - bei den Frauen sind es 20 bis 26 Prozent. Immerhin: Depressive Syndrome nehmen im Alter offenbar nicht zu, die Häufigkeit von Psychosen ist sogar eher rückläufig.
Die psychosomatische Erkrankungen kommen unterm Strich im höheren Lebensalter etwa gleich häufig vor wie in jüngeren Jahren - allerdings wird nur ein verschwindend geringer Teil der Patienten psychotherapeutisch behandelt. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um depressive Erkrankungen oder körperliche Symptome, für die keine organischen Ursachen gefunden werden können (so genannte „somatoforme Störungen”). Die Hintergründe für solche Erkrankungen sind vielfältig und können grob in drei Gruppen eingeteilt werden: Bei einer Gruppe hängen die Beschwerden eng mit den Herausforderungen zusammen, die der Prozess des körperlichen Alterns bedeutet. Die damit verbundenen Einschränkungen, die sich zwar hinauszögern, aber letztlich nicht verhindern lassen, stellen gleichzeitig auch den größten Anreiz für die psychische Weiterentwicklung im Alter dar.
Bei einer zweiten Gruppe kommt es zu einem Wiederaufleben eines lebenslang bestehenden Konfliktes, etwa wenn eine Frau mit zeitlebens eher abhängigen Beziehungsmustern plötzlich allein zurückbleibt. Die Reaktivierung alter traumatischer Erfahrungen durch im Alter verstärkt wieder erlebte Gefühle von Ohnmacht und Hilflosigkeit stellt die dritte Gruppe dar. Gerade die „Kriegskindergeneration” der Jahrgänge 1930-45 ist davon stark betroffen, wenn die zeitlebens erfolgreich getätigte Verdrängung der Traumatisierungen nicht mehr gelingt. -
Den Schwerpunkt der psychiatrischen Erkrankungen bilden in erster Linie dementielle Entwicklungen. Stationäre psychiatrische Aufenthalte haben bei demenziellen Entwicklungen ihren Stellenwert unter anderem im Bereich der diagnostischen Abklärung, bei krisenhaften Zuspitzungen oder bei Auftreten zusätzlicher psychischer oder körperlicher Symptome. Da dementielle Prozesse durch viele Erkrankungen und Faktoren bedingt oder beeinflusst werden können, ist die sorgfältige diagnostische Abklärung obligat. -
In der Burghof-Klinik erfolgt die Behandlung älterer Menschen analog zur Behandlung jüngerer, wird aber den individuellen Möglichkeiten angepasst. Eine „geronotpsychosomatische” oder „gerontopsychiatrische” Abteilung im engeren Sinn gibt es nicht.
Bei der Therapie demenzieller Erkrankungen geht es vor allem um das Erkennen und Bekämpfen körperlicher, psychischer oder sozialer Faktoren, die das Krankheitsbild verstärken. Die Therapeuten versuchen, die Erkrankung zumindest zeitweise aufzuhalten - auch durch Medikamente - sowie körperlicher Erkrankungen zu behandeln, die die Demenz oft intensiveren. Neben dem Beobachten von Neben- und Wechselwirkungen gehören auch das Förden von körperlichen und geistigen Ressourcen sowie die Beratung und Entlastung von Angehörigen zum Programm. Foto: km