BÜCKEBURG (ak). Karl-Heinz Richter nimmt kein Blatt vor den Mund. Er will bewusst schockieren und wach rütteln, auf die Wichtigkeit der Demokratie aufmerksam machen. So auch am vergangenen Freitag im Ratskeller Bückeburg bei einer Informations- und Diskussionsveranstaltung der Senioren Union des Stadtverbands Bückeburg. „Weshalb reist der Richter wohl soviel herum?”, fragt der Ex-Stasi-Gefangene seine Zuschauer gleich zu Anfang seines Referats. „Ich bin Berliner aus der DDR und habe das Elend, dass durch eine Mauer entstanden ist, selber miterlebt. Ich hatte viel Ärger mit dem System dort.” Im Le-Theule Saal des Ratskellers ist es sehr still, als Karl-Heinz Richter anfängt über seine Lebenserfahrungen in der ehemaligen DDR zu sprechen. Die Senioren der Senioren Union können seine Geschichte vielleicht etwas besser nachvollziehen, als all die vielen Jugendlichen, vor denen Richter üblicherweise referiert. „Ich möchte jungen Menschen zeigen, was Demokratie ist und was passiert, wenn sie versagt”, fasst er den Grund für seine Vorträge vor jungen Menschen zusammen. Er möchte zum Nachdenken anregen, über Freiheit und Demokratie sprechen und dazu aufrufen, sich selbst einzusetzen und es nicht anderen zu überlassen. 1946 in Berlin geboren hat er die Teilung Deutschlands mit dem Mauerbau 1963 miterlebt. Da Richters Familie im sowjetisch besetzen Raum lebte, habe schnell bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Eine Demokratie habe es dort nicht gegeben, deshalb sei er als junger Mensch sehr schnell zu einem Widerständler geworden. Als bei einem Fluchtversuch drei seiner engsten Freunde erschossen wurde, beschloss er anderen bei der Flucht zu helfen. In sechs Woche habe er zu einer der „spektakulärsten Fluchten” verholfen, indem er 17 Kameraden über die Grenze in den Westen verhalf. Er selbst wurde erwischt. Er konnte sich entscheiden, ob er sieben Meter tief auf eine Betonmauer sprang oder erschossen wurde. Er entschied sich für die erste Variante und brach sich beide Beine. Zuhause angekommen wurde er wenig später verhaftet und in Isolationshaft gesteckt. Medizinisch versorgt werden durfte er nicht, so dass ihm nach seine Haftentlassung nochmals beide Beine gebrochen werden mussten, um eine Heilung zu erzielen. Durch die Hilfe seiner 17 Freunde in Westberlin, die eine internationale Pressekonferenz abhielten und über den Vorfall berichteten, kam Richter mit dem Leben davon. Doch bis zum Mauerfall bestand sein Leben aus einer ständigen Flucht. „Eines habe ich gelernt”, sagt Richter rückblickend, „man darf nicht aufgeben!” Foto: ak