Bei den Viertklässlern war das nur etwas besser. „Bei der Fahrradprüfung der Viertklässler am Mittwoch kam dann die Unsicherheit auch bei den Größeren zum Vorschein”, erklärte Sebastian Böger, der das Turnier und die Fahrradprüfung für die Viertklässler organisiert hatte. „Ich beobachte das jetzt seit einigen Jahren und es ist eine erschreckende Entwicklung festzustellen”, erzählt Böger. „Die Kinder werden auf den Rädern immer unsicherer.” Den Hauptgrund sieht Böger in dem steigenden Medienkonsum der Kinder. „Wer viel vor dem Computer oder Fernseher sitzt und wenig draußen spielt und auf Bäume klettert, dem fehlt einfach das Körpergefühl”, stellte Böger fest. Das falle auch im Sportunterricht und beim Schwimmen auf. „Es gibt immer mehr Grundschüler, die nicht schwimmen können.” Festzustellen sei aber auch, dass die Kinder, deren Eltern sich kümmern, die mit dem Nachwuchs Rad fahren oder sie zum Draußenspielen und Sporttreiben motivieren, körperlich und in Sachen Körpergefühl wesentlich besser dastehen. Die Gesamtbilanz aber ist erschreckend, wie Böger feststellt. „Die Kinder müssen sich komplett darauf konzentrieren, sich überhaupt auf dem Rad zu halten. Wenn sie dann im Parcours noch die Kette von der Halterung nehmen und im Kreis fahren sollen, dann sind sie komplett überfordert.” Bei der Prüfung im öffentlichen Straßenraum hatte das erschreckende Folgen. Viele Kinder fuhren die Strecke ab, ohne Handzeichen zu geben, sich umzuschauen oder die Vorfahrt zu beachten. Sie klammerten sich fast an ihre Räder, konzentrieren sich nur darauf, überhaupt geradeaus zu fahren. „In zwei Fällen mussten helfende Eltern einschreiten, um drohende Unfälle zu vermeiden, weil die Kinder die Vorfahrt sträflich vernachlässigt und sich in ernste Gefahr gebracht hatten”, erklärte Böger. Eltern, die ein Auto am Straßenrand parken, an dem die Kinder vorbeifahren müssen, werden künftig wohl nicht mehr gefunden, denn diesmal konnten Lackschäden nur ganz knapp verhindert werden. Die Auswertung der Beobachtungsbögen der Fahrradprüfung durch die Polizei und die Eltern war dann auch entsprechend alarmierend. Von 48 Schülern sind 15 Kinder so unsicher gefahren, dass sie nicht bestanden haben. „Das ist ein Drittel des Gesamtjahrgangs”, so Böger. Wer mehr als die Hälfte falsch gemacht hat, also vergaß, sich umzuschauen, Handzeichen zu geben oder in der Fahrbahnmitte statt am rechten Rand sicher zu fahren, dessen Eltern bekommen einen ,Mahnbrief‘ nach Hause geschickt. „Konsequenzen hat das keine, aber die Eltern sollen wachgerüttelt werden”, so Böger. Gemeinsam mit den Polizisten überlegte Böger, die praktische Prüfung künftig nicht mehr im Realverkehr stattfinden zu lassen und stattdessen auf aufgemalten Straßenparcours auf dem Pausenhof zu fahren. „So wird das an anderen Schulen bereits gemacht. Nach den aktuellen Ergebnissen sind wir ernsthaft am Überlegen, auch dazu überzugehen, weil das Risiko einfach zu hoch ist”, so Böger. Es sei ein trauriges Resultat, umso mehr, da alle drei vierten Klassen ein sehr gutes Arbeits- und Sozialverhalten an den Tag legen und insgesamt ein Musterjahrgang sind. „Wir haben viele engagierte Eltern, die sich um ihre Kinder kümmern, und dennoch dieses Ergebnis”, so Böger. Fotos: us