Die Sprache ist fast verschwunden – aber nicht vergessen. Im Alltag des Landkreises Schaumburg ist das Schaumburger Platt kaum noch zu hören. Während regionale Trachten bei bestimmten Anlässen sichtbar gepflegt werden, bleibt die Sprache unsichtbar. Nur noch wenige sprechen sie regelmäßig, meist untereinander, meist in der älteren Generation. Jüngere Menschen kommen mit der Mundart oft nur in Berührung, wenn Großeltern sie noch leben – und weitergeben. Genau hier setzen Projekte wie das der Schaumburger Landschaft an, die mit verschiedenen Aktionen versucht, das Plattdeutsche lebendig zu halten.
Ein neues Beispiel dafür: Elf plattdeutsche Hörgeschichten, eingesprochen von Harald Holle, sind jetzt auf der Webseite der Schaumburger Landschaft verfügbar. Die kurzen Audiodateien erzählen Alltagsgeschichten im heimischen Dialekt – mal mit einem Augenzwinkern, mal mit einem Blick zurück in vergangene Zeiten. Sie dauern jeweils nur wenige Minuten und holen das Plattdeutsche aus dem Schatten zurück ins Ohr.
Eine Rückkehr mit Wirkung
Harald Holle kennt das Schaumburger Platt von Kindesbeinen an. Nach Jahrzehnten im Ausland kehrte er in seinen Heimatort Enzen zurück – und mit ihm auch die Sprache seiner Jugend. Seine Eltern hatten früher noch versucht, das Platt aus dem familiären Alltag zu verbannen, aus Sorge, es könne beim Hochdeutschlernen stören. Heute sieht Holle das anders. Und weil die Mundart seiner Ansicht nach droht, in Vergessenheit zu geraten, bringt er sie nun selbst zum Klingen.
Der Kontakt zur Arbeitsgruppe Plattdeutsch der Schaumburger Landschaft kam eher zufällig zustande. Doch schnell war klar: Das Projekt passt. Mit Unterstützung der Geschäftsführerin Dr. Lu Seegers und unter fachlicher Begleitung von Hartmut Ahrens, dem Vorsitzenden des Arbeitskreises, entstand eine Reihe kurzer Sprachclips, die auf Erinnerungen und Erlebnissen Holles basieren. Sie handeln von Kindheit und Nachbarschaft, von Fußballspielern, Schornsteinfegern („Schossteinfejer“) und alten Schulmeistern („Schaulmesterschen“), aber auch von Sprachwandel und neuen Anglizismen.
Charmanter Dialekt, leicht zugänglich
„Im Prinzip ist das wie Hörbuchhören, nur kürzer – damit man nicht das Interesse verliert“, sagt Holle. Die Geschichten sind unterhaltsam, lebendig und oft mit feinem Humor erzählt. Auch wenn mal ein Schimpfwort fällt – das Plattdeutsche bleibt dabei stets charmant. Die Sprachaufnahmen richten sich an „Muttersprachler” ebenso wie an Menschen, die Plattdeutsch zwar verstehen, sich aber bislang nicht trauen, es selbst zu sprechen. Vielleicht regen die Kurzgeschichten ja zum Ausprobieren an.
Inzwischen ist Holle geübt im Einsprechen. Unterstützung bekommt er dabei von seinem Sohn, der als Radiomitarbeiter in Hamburg arbeitet – und so manchen Tipp beigesteuert hat. Die nächsten Aufnahmen sind bereits in Planung. An Ideen mangelt es nicht.
Ein Schatz auf elf Spuren
Mit Projekten wie diesem dokumentiert und bewahrt die Schaumburger Landschaft die sprachliche Vielfalt der Region. Die elf Geschichten ergänzen das bereits bestehende Angebot, zu dem auch plattdeutsche Filmclips gehören, die 14 Dörfer im Landkreis porträtieren. Wer sich dem Plattdeutschen annähern will, findet hier einen ebenso unterhaltsamen wie niedrigschwelligen Einstieg.
Die Hörgeschichten sind ab sofort abrufbar unter:
www.schaumburgerlandschaft.de
Direktlink zu den Geschichten: plattdeutsch-schaumburgerlandschaft.de/platt-vertellt