Pulver aus Löwenknochen gelten in Asien als Heilmittel. Südafrika ist die einzige Nation, die die stetige Nachfrage legal bedient. Damit soll bald Schluss sein. Und dann? Nicht nur Nashorn und Elfenbein sind auf den asiatischen Märkten von selbsternannten Heilern und „traditionellen“ Apotheken heiß begehrt. Auch die Nachfrage von Löwenknochen als fragwürdige Heilmittel wächst ständig. Bis zu 10.000 US-Dollar zahlen Kunden für das Skelett vom König der Tiere. Vermeintliche Ärzte, Apotheker und die „traditionelle chinesische Medizin“ preisen Pulver und Tabletten aus Löwenknochen als Heilmittel für Krankheiten von Asthma, Arthritis und Rheuma bis hin zur Impotenz an. Der Handel mit den Knochen dieser großen Raubkatze ist allerdings stark geächtet. 2007 verschärfte China die Regeln für den Handel mit Tigerknochen drastisch. Löwenknochen tauchten daher als Alternative auf. In Whisky eingelegt, werden sie als Art „Tigerwein“ verkauft.
Der Export steigt seit 2009 rasant: 2009 hat Südafrika 92 Skelette der Wildkatze ausgeführt. Nur ein Jahr später waren es schon 235. Neueste Zahlen ergeben: Von 2016 bis 2019 wurden 3.305 Löwenskelette legal von Südafrika nach Asien exportiert: 2.371 nach Vietnam – 709 nach Laos und 225 nach Thailand. Mehr als 10.000 Löwen leben auf privaten Löwen-Farmen als gezüchteter und lebendiger Rohstoff für die begehrte Ware. Denn die für den Export bestimmten Knochen seien lediglich „Abfallprodukte der in Gefangenschaft gezüchteten Löwen“, so die damalige südafrikanische Umweltministerin Edna Molewa.
Löwen-Farmen: Touristenattraktion und Knochenhändler in einem:
Im Mittelpunkt des Handels mit Löwenskeletten stehen die legalen Löwen-Farmen in Südafrika. Die rund 300 Farmen sind Knochenhändler und Touristenattraktion in einem. Sie richten die rund 10.000 Löwen auf die Touristen aus, die den majestätischen Raubkatzen näherkommen wollen. So können Touristen zum Beispiel mit ihnen spazieren gehen oder mit Löwenbabys spielen und knuddeln. „Nirgendwo gibt es mehr Löwenjagden als in Südafrika“, sagt Chris Mercer von der „Campaign against Canned Hunting“. Laut der Kampagne „Blood Lions“ kommen so jährlich zwischen 800 und 1.000 der Tiere ums Leben. Kopf, Haut, Krallen oder Zähne sind beliebte Jagdtrophäen, die Knochen werden von den Wildparkbesitzern anschließend verkauft.
Früher oder später landen jedoch die Knochen aller Löwen aus den Farmen auf dem O.R. Tambo International Airport bei Johannesburg als offizielles, legales und mit entsprechenden Dokumenten ausgestattetes Exportgut für Südostasien.
Tierschützer fordern das Ende des Knochenhandels:
Die Tierschützer sind alarmiert: „Der Löwenknochen-Handel bedeutet das Todesurteil für die wilden Löwen Südafrikas“, meint Emma-Ruby-Sachs, Leiterin einer Kampagne gegen den Handel mit Löwenknochen. Denn die große Knochen-Nachfrage aus Asien könnte das Angebot von legal geschossenen Löwen schnell übersteigen. Die Befürchtungen scheinen sich zu bewahrheiten: Bereits jetzt passt die riesige Anzahl der Knochen in Laos und Vietnam nicht mit der Menge der legal exportierten Skelette überein.
Das Kampagnen-Netzwerk „Avaaz“ aus New York forderte auf Plakaten im Flughafen Johannesburg dazu auf, den Löwenknochen-Handel zu stoppen. Schnell hatte jedoch der Flughafenbetreiber die Plakate wieder entfernen lassen. Wohl fürchtete man einen Imageschaden für das Touristenland Südafrika. Eine ebenfalls gestartete Online-Petition gegen den Knochenhandel fand über 1,7 Millionen Unterzeichner.
Ganz anders sah die Situation der Vorsitzende des südafrikanischen Wildzuchtverbandes, Pieter Potgieter. Seiner Überzeugung nach nützt letztendlich der Knochenhandel mit den auf Farmen groß gezogenen Löwen den wild lebenden Artgenossen. Denn niemand müsse sich aufs Wildern einlassen, wenn man die Knochen legal kaufen kann. Und auch die Regierung in Pretoria blies bislang ins gleiche Horn: Der Handel habe keinen negativen Einfluss auf das Überleben der Art in der Wildnis. Ein Verbot des Handels mit Löwenknochen sollte es daher nicht geben.
Wo eine Nachfrage ist, gibt es auch ein Angebot:
Es setzt jedoch ein langsamer Umdenkprozess ein. Das Streicheln von Jungtieren ist zunehmend verpönt. 2016 entschied die US-Regierung, die Einfuhr von Trophäen von in Gefangenschaft gezüchteten Löwen stark einzuschränken. Das war ein wirklich schwerer Schlag für die Löwen-Farmen, da die US-amerikanischen Trophäenjäger mehr als die Hälfte der Jagdeinnahmen ausmachten. Und auch durch das Bekanntwerden von „Canned Hunting“ und durch die nicht artgerechte Haltung der Großkatzen fürchtet die südafrikanische Regierung einen langfristigen Imageschaden. 2021 verkündete das Umweltministerium daher, die Industrie mit Löwenknochen schließen zu wollen. Die Farmer hoffen auf eine Schonfrist von mindestens fünf Jahren, um ihre Betriebe auslaufen lassen zu können. Schon jetzt trennen viele Farmer weibliche und männliche Löwen, damit es weniger Nachwuchs gibt.