Wegbereiter der Inklusion | Schaumburger Wochenblatt

Wegbereiter der Inklusion

Ein starkes Team: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frühförderung. (Foto: privat)
Ein starkes Team: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frühförderung. (Foto: privat)
Ein starkes Team: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frühförderung. (Foto: privat)
Ein starkes Team: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frühförderung. (Foto: privat)
Ein starkes Team: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frühförderung. (Foto: privat)

Die Lebenshilfe Seelze hat mit einem Tag der offenen Tür das 50-jährige Bestehen ihrer heilpädagogischen Frühförderung gefeiert. Rund 120 Gäste, darunter Fachkräfte aus Kitas, Therapieeinrichtungen, Kinderärzte sowie Vertreter der Stadt Wunstorf und der Region Hannover, kamen ins Frühförderzentrum in Wunstorf, um das Jubiläum zu würdigen.

Was 1975 als kleines Angebot unter dem Dach der Lebenshilfe-Kreisvereinigung Neustadt begann, hat sich über die Jahrzehnte zu einem modernen, regional vernetzten Fachbereich entwickelt. In ihrem Grußwort erinnerte Gaby Bauch, Mitglied des Aufsichtsrats und frühere Vorsitzende des Vorstands, an die Anfänge ohne eigene Räume und mit wenigen Mitarbeitenden. Damals wie heute sei das Ziel, Kinder mit Behinderungen und ihre Familien so früh wie möglich zu unterstützen.

Cordula Wilberg, pädagogischer Vorstand der Lebenshilfe Seelze, betonte die Bedeutung der Frühförderung in einer Zeit, in der Inklusion noch kein gesellschaftlich verankerter Begriff war. Die Überzeugung, dass jedes Kind ein Recht auf Förderung, Teilhabe und ein erfülltes Leben hat, habe die Arbeit von Anfang an getragen. Heute betreuen über 30 Fachkräfte rund 160 Kinder in Wunstorf, Neustadt, Garbsen, Seelze und Barsinghausen.

Ein Rahmen für jedes Kind

Carola Ludowig, Leiterin der Frühförderung, hob den Perspektivwechsel in der Arbeit hervor. Nicht mehr die Defizite eines Kindes stünden im Mittelpunkt, sondern seine individuellen Stärken. Sie verglich die Frühförderung mit einem Kunstwerk: „Einen van Gogh würde man auch nicht in einen vorhandenen Rahmen pressen, sondern einen neuen Rahmen schaffen.“ Im Zentrum stehe das Kind mit seinem Potenzial, seinem Tempo, seiner Geschichte – und eine Familie, die Verständnis und Unterstützung braucht.

Die Vielfalt der Herausforderungen spiegelt sich auch im Team wider. Die Fachkräfte bringen Zusatzqualifikationen in Bereichen wie tiergestützter Förderung, Psychomotorik, Marte Meo oder Waldpädagogik mit. Auch die Zielgruppe hat sich verändert: Neben Kindern mit geistigen Beeinträchtigungen oder Trisomie 21 werden zunehmend Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen, Sprachentwicklungsverzögerungen oder sozial-emotionalen Auffälligkeiten begleitet. Kinder aus belasteten Lebensverhältnissen finden hier frühzeitig Unterstützung.

Netzwerk und Verantwortung

Thomas Dierssen, Leiter des Geschäftsbereichs Kindheit und Jugend, bezeichnete die Bildung des Netzwerks Frühe Hilfen als größte Errungenschaft der vergangenen Jahrzehnte. „Früher waren die Eltern meist auf sich allein gestellt, heute steht ihnen ein starkes Netzwerk zur Seite.“ Gleichzeitig machte er deutlich, dass die Frühförderung keine Allzweckwaffe für fehlende Kitaplätze sei. Es brauche mehr heilpädagogische und integrative Plätze in den Einrichtungen. Die Kernkompetenz liege bei den Familien selbst: „Eltern müssen mit im Boot sitzen. Die Familie ist die Keimzelle der Frühförderarbeit.“ Dierssen warnte davor, die Lobby der Kinder aus dem Blick zu verlieren. „Wir müssen das schaffen“, sagte er mit Blick auf die gesellschaftliche Verantwortung, Kindern frühzeitig Chancen zu eröffnen.

Gemeinsam für Teilhabe

Seit den 2000er Jahren arbeitet die Frühförderung eng mit Kitas zusammen, um Kinder dort zu fördern, wo sie einen Großteil ihres Alltags verbringen. Bürgermeister Carsten Piellusch und die stellvertretende Regionspräsidentin Ute Lamla würdigten in ihren Grußworten die Lebenshilfe als verlässlichen Partner, dankten dem Team für seine engagierte Arbeit und sicherten weitere Unterstützung zu. ”Die Lebenshilfe ist für mich Teilhabehilfe”, sagte Piellusch. Teilhabe sei kein Zusatz, sondern die Grundlage, ergänzte Lamla. Der gesamte Bereich der Frühförderung benötige eine noch bessere personelle Ausstattung.


André Tautenhahn (tau)
André Tautenhahn (tau)

Freiberuflicher Journalist

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