Es gibt bundesweit zu wenig Pflegeeltern. Das gilt auch für den Landkreis Schaumburg. Das Schaumburger Wochenblatt fragte nach bei der Jugend-Dezernentin Andrea Stüdemann, in deren Dezernat auch der Pflegekinderdienst angesiedelt ist. Wir wollten wissen: Wie viele Pflegekinder in welchen Altersgruppen vermittelt der Dienst pro Jahr? Was müssen potenzielle Eltern für Voraussetzungen erfüllen, um Pflegekinder aufzunehmen? Gibt es Hilfestellungen bei Problemen für solche Eltern und wie lange bleiben die Kinder im Regelfall bei ihren Pflegeeltern?
202 junge Menschen mussten 2024 untergebracht werden
Stüdemann freut sich über das Interesse der Presse an der Arbeit des Pflegekinderdienstes, insbesondere deshalb, weil sie sich dadurch eine verstärkte Auseinanersetzung von potenziell interessierten Eltern mit der Thematik verspricht. Der Pflegekinderdienst, so Stüdemann, betreute im Jahr 2024 in Form von Vollzeitpflege insgesamt 202 junge Menschen, davon waren 168 minderjährig und 34 volljährig. Aktuell bestehen für 171 junge Menschen Vollzeitpflegeverhältnisse. Im Jahr 2024 wurden 15 Kinder und Jugendliche im Rahmen der Hilfe zur Erziehung in Pflegefamilien vermittelt. Im gleichen Jahr wurden zusätzlich 44 Kinder und Jugendliche im Rahmen einer Inobhutnahme als vorläufige Schutzmaßnahme in sogenannte Bereitschaftspflegestellen betreut. Der überwiegende Teil der vermittelten Kinder sei unter zehn Jahre alt. Voraussetzung sei, dass die Personensorgeberechtigten mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert seien.
Ein breites Spektrum an Auffälligkeiten
Was man wissen muss als Pflegeelter: Eine Vielzahl der Pflegekinder zeigen beispielsweise Entwicklungsverzögerungen, Bindungsstörungen, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Fetales Alkoholsyndrom (FAS), Autismusspektrumsstörungen, Lernschwierigkeiten, Anpassungsstörungen, sozial-emotionale Störungen oder Traumafolgestörungen.
Wer ist geeignet?
Sowohl Paare als auch Einzelpersonen und Familien können sich als Pflegeeltern beim Pflegekinderdienst des Jugendamtes bewerben. Neben einem erweiterten Führungszeugnis und Gesundheitsbescheinigungen muss nachgewiesen werden, dass der Lebensunterhalt sichergestellt ist und finanzielle Aspekte bei der Aufnahme eines Kindes oder Jugendlichen keine Rolle spielen. Für das Pflegekind muss ausreichend Wohnraum zur Verfügung stehen. Die potentiellen Pflegepersonen werden von den Fachkräften während des Prozesses engmaschig begleitet und in Schulungsmodulen zu unterschiedlichen Themen auf die Aufnahme eines Kindes vorbereitet. Wesentlich sei ebenfalls die Akzeptanz der Herkunftsfamilie und gegebenenfalls die Zusammenarbeit mit leiblichen Eltern, Geschwistern oder Großeltern. Dabei unterscheiden sich Pflegeeltern im Ansatz von einer Betreuung in einem Kinderheim, denn in einer Pflegefamilie wachsen die Kinder in einem privaten, familiären Setting auf, das von einem „familienähnlichen Verbund” geprägt ist. Pflegeeltern werden, so Andrea Stüdemann, selbstverständlich unterstützt in ihrer Arbeit. Fachkräfte beraten und besuchen die Eltern auch zu Hause. Grundsätzliches Ziel einer Betreuung durch Pflegeeltern soll sein, dass die leiblichen Eltern befähigt werden, die Erziehung und Betreuung ihrer Kinder wieder eigenständig übernehmen. Der Pflegekinderdienst ist erreichbar: pflegekinderdienst@schaumburg.de oder telefonisch: 05721-703-2464.