Genau hundert Jahre hat es das Geschäft für Dinge des täglichen Bedarfs gegeben. Großvater Wilhelm, der eigentlich Schneidermeister war, bot ab 1907 in einem winzigen Raum ein erstes Sortiment an. Das genaue Datum des Starts kennt heute niemand mehr: Nur vom Vater, der ebenfalls Wilhelm hieß und sich auch auf Stoff, Schere und Nadel verstand, weiß Jürgen Metfies vom Gründungsjahr. Der Vater hatte bald nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft einen entscheidenden Schritt für die Basis des kleinen Familienunternehmens getan: Angesichts der durch Flüchtlinge und Vertriebene fast verdoppelten Einwohnerzahl ließ er einen Anbau erstellen mit breiter Treppe und einem ersten großen Schaufenster.
Der heutige Besitzer übernahm 1970 die Bedienung von Kasse und Tresen. Gerade hatte er geheiratet. Braut Heidrun stammte ebenfalls aus einer örtlichen Ladenbesitzerfamilie – und schmunzelt heute noch ein wenig über die damalige Partnerwahl: „Als Kind hatte ich doch immer erklärt, nie einen Kaufmann heiraten zu wollen.” Das kleine Mädchen ärgerte sich besonders am Heiligen Abend stets über die langen Öffnungszeiten.
Zwei Dinge mögen als Grund dienen, warum sich der „Nahkauf” der Familie Metfies gegen alle Trends der Zeit bis heute behauptet hat. Einerseits ist das Geschäft immer mit der Zeit gegangen: Kühlregal und Tiefkühltruhe bieten eine große Auswahl; hinter dem großen gläsernen Tresen locken verschiedene Sorten Wurst und einige Laibe Käse. Zum anderen war im Haus auch für ein Vierteljahrhundert die örtliche Poststelle untergebracht. Metfies, der im Zustelldienst tätig war, betreute sie bis 1998. Danach war auch Hülsede von der Privatisierungswelle des gelben Riesen betroffen.
Sogar der unendlich anmutende Straßenbau vor der Haustür machte dem Geschäft nicht den Garaus. Aber die insgesamt über ein Jahr dauernde Sanierung der Fahrbahn „hat uns sehr wehgetan”, gibt Jürgen Metfies zu. Das sei viel schlimmer gewesen als die vor einigen Jahren sich am südlichen Lauenauer Ortseingang etablierende Discounter-Konkurrenz. Doch das Paar sieht eben auch die geänderten Gewohnheiten der jungen Leute. Diese fahren eben zum Großeinkauf in den Supermarkt mit dem Auto.
Die ältere Generation, die täglich aufs Neue ihren Haushaltsbedarf decke, sterbe dagegen langsam aus. Auch deshalb sehen Heidrun und Jürgen Metfies jetzt den rechten Zeitpunkt gekommen, die Geschäftstätigkeit zu beenden. „Mehr als zwei Wochen Urlaub waren doch nie drin”, blicken sie zurück. Früher hatte der damals bereits 80-jährige Vater noch fällige Familienferien überbrückt. Nun aber können sie bald ihre neu gewonnene Freizeit genießen. Das Schwätzchen auf der Straße mit Nachbarn oder Freunden über dörfliche Neugikeiten und große Politik gehören bestimmt dazu. Das wurde früher morgens im Laden gehalten. „Die Leute werden schnell merken, dass ihnen das künftig fehlt”, glaubt Jürgen Metfies und bedauert es doch ein wenig, dass jetzt durch seine Entscheidung auch ein Stückchen dörflicher Kommunikation verschwindet. Foto: al