Die Staatsanwaltschaft Hannover zeigte sich „fassungslos” über das Ausmaß der an die Öffentlichkeit gelangten Informationen. Sie bestätigte auf einer Pressekonferenz am Freitag, dass Edathy zwischem dem 21. Oktober 2005 und dem 18. Juni 2010 neun Bestellungen bei einem kanadischen Unternehmen getätigt haben soll. Ob es sich bei den georderten Fotos und Videos um kinderpornografisches Material handelt, sei laut Aussage der Staatsanwaltschaft eine „schwierige Wertungsfrage”. Von einem Grenzbereich ist die Rede.
Aufgrund der zahlreichen Presseberichte ist der Staatsanwaltschaft aber erst in dieser Woche klar geworden, dass es eine lange Vorgeschichte zu geben scheint, die bis in den Oktober 2013 hineinreiche. Anfang November, so der Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich weiter, sei die Informationslage noch zu dünn gewesen. Ihm sei die Ermittlungsakte in einem verschlossenen Umschlag am 5. November persönlich übergeben worden.
Von Edathy heißt es zwischenzeitig, er sei ‚im europäischen Ausland’ – Dänemark als Aufenthaltsort wird genannt. Er streitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe via Facebook ab. In dieser Woche durchsuchte die Staatsanwaltschaft nun auch das Büro Edathys. Im Prinzip eine Lachnummer – denn von dem Büro will die Behörde nichts gewusst haben, obwohl Edathy niemals ein Geheimnis daraus machte, dass er in dem Gebäude am Rehburger Marktplatz nicht nur eine Wohnung hat, sondern auch ein Büro unterhält. Nur durch wenige Türen ist beides voneinander getrennt. In das Büro hat der SPD-Politiker manches Mal auch zu Pressegesprächen eingeladen. Das Büro in Stadthagen wurde ebefalls durchsucht.
Was danach kommt, ist die Pressemitteilung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann vom Donnerstag aus Berlin. Demnach hätten er selbst, der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel und auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Oktober 2013 von den Ermittlungen gegen Edathy erfahren. Dass es „möglicherweise zu strafrechtlichen Ermittlungen kommen könne”, soll ihnen vom früheren Bundesinnenminister und jetzigen Minister für Landwirtschaft, Hans-Peter Friedrich (CSU) mitgeteilt worden sein. Die Behörden erwägen nun gegen Friedrich vorzugehen, weil dieser ein Diensgeheimnis weitergab.
Dass sich die „Affäre Edathy” ausweitet und ein Ende wohl noch nicht in Sicht sein dürfte, scheint jedenfalls klar.
Die Menschen in Edathys Wohnort Rehburg-Loccum, in der kleinen Stadt, die ansonsten nicht eben im Mittelpunkt des Interesses steht, müssen unterdessen auf einiges gefasst sein. Steht in einem Büro nahe Edathys Wohnung plötzlich ein Team vom ZDF und hofft auf Informationen, so touren Reporter vom Magazin „Stern” durch andere Geschäfte. Mehr als ratlose Gesichter angesichts etwas, das plötzlich über sie hereingebrochen und für sie unfassbar ist, dürften diese Medien als Antworten nicht bekommen. Foto: jan