Apotheker im Schaumburger Land schlagen Alarm: Ohne eine Erhöhung ihrer Vergütung droht das Netz an Apotheken weiter auszudünnen. Das wird im Gespräch mit Matthias Götzlaff, Inhaber der Flora-Apotheke und Vorsitzender des Bezirks Schaumburg im Landesapothekerverband Niedersachsen, sehr deutlich. Mit klaren Worten reagiert Götzlaff nun auf die anhaltende Hängepartie in Berlin.
Kritik an Bundespolitik: „Apotheken werden im Regen stehen gelassen“
Deutschlands Apotheken hoffen seit Jahren auf eine gerechte Honoraranpassung (wir berichteten), doch die jüngst vorgestellten Pläne von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken sorgen in der Branche für Ernüchterung. Zwar stellte die Ministerin auf dem Deutschen Apothekertag Reformansätze wie die Abschaffung von Null-Retaxationen und die Wiedereinführung gesetzlicher Skonti in Aussicht, eine höhere Vergütung wurde jedoch erneut verschoben.
„Dass die dringend nötige Honorarerhöhung auf unbestimmte Zeit vertagt wird, ist für die Apotheken vor Ort ein fatales Signal“, erklärt Götzlaff. „Die Politik redet von Versorgungssicherheit, opfert aber die Rahmenbedingungen, ohne die Apotheken weiter funktionieren können. Das Apothekensterben wird damit politisch billigend in Kauf genommen.“ Tatsächlich weist er darauf hin, dass bereits 85 Prozent des Umsatzes einer Apotheke fest reguliert und preisgebunden sind.
Kostendruck, Personalnot und Bürokratie
Wachsende Kosten – etwa für Personal und Mindestlohn – und immer neue gesetzliche Vorgaben setzen gerade kleine Landapotheken enorm unter Druck. „Die von der Bundesregierung versprochene regelmäßige Dynamisierung der Vergütung sei dringend nötig“, betont Götzlaff. Eine echte Honorarerhöhung lasse sich unkompliziert über eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung erreichen. „Die apothekenpolitischen Versprechen im Koalitionsvertrag dürfen keine Luftnummer bleiben“, mahnt er.
Mehr Prävention, mehr Verantwortung
Zu den Reformvorschlägen aus Berlin gehört, Apotheken künftig stärker in Beratung, Prävention und sogar in Impfprogramme einzubinden. Götzlaff sieht darin durchaus eine Chance – doch ohne solide Finanzbasis laufe auch das ins Leere. „Wir können als erste Anlaufstelle im Gesundheitssystem helfen, Arztpraxen entlasten, Impfungen anbieten, Präventionsleistungen erbringen, aber das ist nur möglich, wenn die Apotheken auch wirtschaftlich auf stabilen Füßen stehen.“ Die von der Regierung vorgeschlagene Umverteilung von Mitteln, etwa aus dem Topf pharmazeutischer Dienstleistungen reiche dafür nicht aus.
Was sich Apothekenvertreter wie Götzlaff jetzt konkret wünschen? „Mindestens die im Koalitionsvertrag angekündigte Erhöhung muss endlich umgesetzt werden. Sonst werden noch mehr Apotheken dichtmachen – mit spürbaren Folgen für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung.“
Die Realität vor Ort
Hinter den Zahlen stehen Schicksale: Fällt eine Apotheke weg, sind vor allem ältere oder weniger mobile Menschen oftmals vom schnellen Zugang zu Medikamenten und Beratung abgeschnitten. Gerade im ländlichen Raum droht die Schließungswelle, das Apothekennetz zu zerreißen und damit die Versorgungssicherheit zu gefährden.
Allein im Landkreis Schaumburg sank die Zahl der Apotheken von 40 im Jahr 2018 auf aktuell 32.