Eine besondere Verantwortung für die christliche Kirchen stellte Andreas Kühne-Glaser, Superintendent des Kirchenkreises Grafschaft Schaumburg, in seiner Ansprache heraus, weil die Kirche seinerzeit „weggesehen” habe. Der Superintendent hatte bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass bislang keine schriftlich belegten Reaktionen der christlichen Kirchen in Rinteln auf die Ereignisse der ‚Kristallnacht‘ vorhanden sein. Bürgermeister Karl-Heinz Buchholz erinnerte in seiner Ansprache noch einmal konkret an die Vorfälle am 11. November 1938, als auch in Rinteln Menschen gejagt, beraubt und aus ihren Häusern vertrieben wurden, wie „Mitbürger” ihre Geschäfte plünderten und zerstörten, in der Synagoge an der Bäckerstraße wüteten und schließlich vor dem Glasbläserbrunnen die Thorarolle in Brand setzten. Rund 50 Gräber befinden sich auf dem Friedhof an der Ostertorstraße, aber ungleich länger sind die Listen mit den Namen Rintelner Juden, die zum großen Teil nie wieder gehört wurden. zum Beispiel Philipp Levy, der in der Weserstraße ein Schuhgeschäft betrieben hatte. Nach jahrelangen Repressalien wurde die Familie samt drei Töchtern 1941 in das Warscheuer Ghetto deportiert, wo Levys Gattin Mathilde noch im gleichen Jahr verstarb. Zwei Töchtern gelang es schließlich, in die USA auszuwandern. Im Anschluss an die Gedenkstunde suchten die rund 50 Teilnehmer die Nikolai-Kirche auf, wo die Künstlerin Gisela Gührs bis Sonntag, dem 24. November, ihr Holocaust-Denkmal mit dem Titel „Die Tische der Zeit” zeigt. Am Sonntag, 10. November, wurde an gleicher Stelle ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert, bei dem Schüler und Lehrer der Theater-AG des Gymnasiums Ernestinum die Ereignisse vor 75 Jahren eindrucksvoll rekapitulierten. Schüler und Lehrer haben auch die Verlegung der ersten vier „Stolpersteine” mit den Namen ehemaliger jüdischer Mitbürger in Rinteln initiiert. Das soll geschehen am Mittwoch, 27. November, ab neun Uhr. Foto: km