Mit Gesine Lange hatten die Landfrauen aus Rinteln-Hessisch Oldendorf eine besonders hochkarätige Referentin zu ihrem Treffen eingeladen. Ihr Vater ist der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck und der ließüber seine Tochter Grüße an die 91 Landfrauen ausrichten, verbunden mit der Aufforderung, ihre Freiheit zu nutzen und dafür mindestens zur Wahl zu gehen und sich für ihre Rechte zu engagieren. Eine Aufforderung mit Hintergrund, denn Gauck wurde 1940 in Rostock geboren und war evangelisch-lutherischer Pastor und Kirchenfunktionär in der DDR. Als Symbol für all das, was Menschen gemeinsam und friedlich bewirken können, hatte Gesine Lange ein Stück der Berliner Mauer und viele interessante Bücher aus der DDR dabei. Doch viel spannender war ihr Vortrag. Authentisch und schnörkellos erzählte sie aus ihrer Kindheit und Jugend in der DDR - über die Zeiten, über Politik und auch so profane Dinge wie den Speiseplan. Sie berichtete aus dem Leben der fünfköpfigen Familie, das vom Beruf oder eher der Berufung des Vaters als Pastor geprägt war. Paradiesisch erlebte Lange ihre ersten Lebensjahre in einem alten Pfarrhaus in einer Pfarrstelle in der Nähe von Güstrow. Entsprechend schwer fiel ihr der Wechsel in einen Plattenbau nach Rostock. Auch die Entscheidung der Eltern, ihre Kinder erst so spät wie irgend möglich in die Krippe zu geben und damit der massiven Beeinflussung des Regimes auszusetzen, machten dem kleinen Mädchen das Leben nicht leichter. Schon früh, so Lange, wurden die Kinder bilingual erzogen. Es gab eine interne Sprache in den eigenen vier Wänden und eine Sprache für „Draußen”. Auch von den beliebten Westpaketen mit Schokolade und Kaffee erzählte die Referentin und davon, dass der Bruder wegen der Gesinnung der Eltern niemals zum Studium zugelassen wurde. Als der Familie schließlich die beantragte Ausreise bewilligt wurde, blieb der Vater im Osten, um seine Gemeinde nicht allein zu lassen. In Langes fesselnder Erzählung blitzte immer wieder eine gehörige Portion Gottvertrauen durch, ohne das die gesamte Familie wohl die schweren Zeiten nicht unbeschadet überstanden hätte. Nach knapp zwei Stunden waren sich die Zuhörerinnen einig, dass der Vortrag ruhig noch länger dauern könnte. Foto: privat