Vor einem Jahr wurde Dr. Oliver Schuegraf als Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe eingeführt. Inzwischen ist er “angekommen” – nicht nur im Amt, sondern auch in seiner neuen Heimat. Die Bilanz, die er nach zwölf Monaten zieht, ist geprägt von Dankbarkeit, Neugier und vielen persönlichen Begegnungen.
„Ich habe in meinem ersten Jahr so viele Menschen getroffen und Geschichten gehört – das war enorm bereichernd“, sagt Schuegraf. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm die Reise durch die Landeskirche, die er sich von Beginn an vorgenommen hatte. Zu Fuß und im Gespräch mit den Pastorinnen und Pastoren wollte er nicht nur die Gemeinden besser kennenlernen, sondern auch hören, was die Gemeinden prägt – und wo die Herausforderungen liegen.
Kirche vor Ort: kreativ, lebendig, nah
Was er dabei erlebt hat, hat ihn beeindruckt. „Man sieht, wie auf kreative Weise die frohe Botschaft vor Ort weitergegeben wird“, beschreibt Schuegraf. Gerade in der Anfangszeit sei es für ihn wichtig gewesen zu erleben, wie lebendig und aktiv die Gemeinden aufgestellt sind. Das Bild von einer „verstaubten Institution“ – das werde der Kirche heute längst nicht mehr gerecht.
„Viel zu wenige sehen, wie Kirche heute wirklich ist“, so Schuegraf. Was er kennengelernt hat, sind offene Strukturen, engagierte Menschen und viele neue Ideen. Der Blick in die Zukunft ist für ihn daher trotz sinkender Mitgliederzahlen optimistisch. „Eines ist klar: Wir werden weniger – aber das heißt nicht, dass die Kraft der christlichen Botschaft abnimmt.“
Offene Kirche mit weiter Perspektive
Dass er auf einem guten Fundament aufbauen kann, weiß Schuegraf auch mit Blick auf seinen Vorgänger Karl-Hinrich Manzke. Dessen Öffnung der Landeskirche nach außen habe den Weg bereitet für ein Miteinander mit anderen Institutionen, für Kooperationen und neue Formen der Zusammenarbeit. „Die Landeskirche ist zwar klein und sehr übersichtlich, aber sie hat einen großen Weitblick nach außen“, sagt Schuegraf. „Die Vernetzung des kirchlichen Engagements nach innen und in die Region Schaumburg ist das eine – die spürbare und gelebte Zugehörigkeit zu Partnerkirchen im ökumenischen Zusammenhang ist das andere, was unser Selbstverständnis kennzeichnet.“
Nicht nur innerhalb der eigenen Strukturen gab es viel zu tun. Auch auf Ebene der evangelischen Landeskirchen in Deutschland und des Lutherischen Weltbundes war Schuegraf im ersten Jahr vielfach eingebunden. „Ich freue mich über die umfangreichen Arbeiten in und für diese kirchlichen Zusammenschlüsse und die weltweite Kirche“, betont er.
Begegnungen, die bleiben
Unter den vielen Veranstaltungen, die er besucht hat, gibt es Momente, die herausragen – etwa sein erster Besuch bei einem Schützenfest im Schaumburger Land. Als gebürtiger Würzburger erschien er im Tracht-Jankerl, legerer als hier vielleicht üblich – und erntete damit einige neugierige Blicke. „Das war auch eine besondere Erfahrung“, sagt er schmunzelnd.
Natürlich war sein Einführungsgottesdienst ein prägender Moment. Viele Gemeindemitglieder beteiligten sich nicht nur am Gottesdienst, sondern auch am anschließenden Empfang. Die große aktive Anteilnahme habe ihn bewegt, sagt Schuegraf.
Auch international war er bereits unterwegs: Eine Reise nach Nigeria führte ihn zu einer wachsenden christlichen Gemeinde. „Was mich überrascht hat: Die Unterschiede sind viel kleiner, als man denkt. Es verbindet uns viel mehr, als man auf den ersten Blick meinen würde.“
Ziele für die Zukunft
Für die kommenden Jahre hat sich die Landeskirche viel vorgenommen. Dr. Oliver Schuegraf liegt besonders am Herzen, dass die Kirche in allen Veränderungen als Ort des Miteinanders und des Zuhörens weiter gestärkt wird. Für ihn ist eine Kirche wichtig, in der Haupt- und Ehrenamtliche gemeinsam Räume schaffen, in denen Menschen sich begegnen, austauschen und Glauben leben können – auch über traditionelle Strukturen hinaus.
„Es ist eine großartige Aufgabe, die ich hier bekommen habe“, sagt der Landesbischof. Besonders schätze er, dass er so nah an allem dran sein dürfe – das mache vieles einfacher und direkter. Seine erste Bilanz fällt deshalb positiv aus. Und die nächsten Schritte hat er bereits fest im Blick.