Skepsis in der Innenstadt | Schaumburger Wochenblatt

Skepsis in der Innenstadt

Innenstadt: Wunstorfer Fußgängerzone. (Foto: tau)
Innenstadt: Wunstorfer Fußgängerzone. (Foto: tau)
Innenstadt: Wunstorfer Fußgängerzone. (Foto: tau)
Innenstadt: Wunstorfer Fußgängerzone. (Foto: tau)
Innenstadt: Wunstorfer Fußgängerzone. (Foto: tau)

Die Werbegemeinschaft Wunstorf schlägt Alarm: Die geplante Umgestaltung der Fußgängerzone sorgt bei vielen Geschäftsleuten, Anwohnern und Eigentümern für Unruhe. Zwar lockt das Städtebauförderprogramm ISEK mit finanzieller Unterstützung von Bund und Land, doch ein Drittel der Kosten muss die Stadt selbst tragen – und das in Zeiten knapper Kassen.

Aus Sicht vieler Beteiligter funktioniert die Fußgängerzone in ihrer jetzigen Form gut. Sie sehen keinen akuten Handlungsbedarf, der einen tiefgreifenden Umbau rechtfertigen würde. Die Sorge ist groß, dass die Maßnahme vor allem deshalb angestoßen wird, weil Fördermittel zur Verfügung stehen, nicht, weil es einen echten Bedarf gibt. Auf der anderen Seite müssen alte Leitungen und Rohre ersetzt und für mehr Barrierefreiheit gesorgt werden. Wenn nicht jetzt, wann dann? Die Erfahrung zeigt aber auch, dass solche Projekte oft teurer werden als geplant und sich über Jahre hinziehen. Für die ansässigen Händler bedeutet das Einschränkungen, Baustellenlärm und potenziell sinkende Umsätze, ein Risiko, das viele nicht bereit sind einzugehen.

Mehr Transparenz gefordert

Kritik gibt es auch an der Art und Weise, wie die Öffentlichkeit in den Planungsprozess eingebunden wurde. Zwar fanden bereits eine Beteiligung von Politik und Gewerbetreibenden sowie eine öffentliche Informationsveranstaltung mit Rundgang statt, doch weitere Beteiligungsmöglichkeiten sind im laufenden Wettbewerb offenbar nicht vorgesehen. Die Werbegemeinschaft empfindet das als unzureichend. Sie fordert mehr Transparenz und echte Mitsprache, bevor Entscheidungen getroffen werden, die das Gesicht der Innenstadt auf Jahrzehnte prägen könnten. Eine Informationsveranstaltung am 14. August um 18.30 Uhr in der Abtei wird von den Kaufleuten organisiert.

Kritisch wird auch die Zusammensetzung des Preisgerichts gesehen, das über den Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs, der derzeit läuft, entscheiden soll. Es besteht aus elf Personen, darunter sechs Preisrichtern aus dem Bereich Garten- und Landschaftsarchitektur. Außerdem gehören Bürgermeister und Ortsbürgermeister, der Bauamtsleiter und die Vorsitzende des Bauausschusses sowie ein Vertreter der Werbegemeinschaft dem Gremium an. Die Einflussmöglichkeiten derer, die unmittelbar von einem Umbau der Fußgängerzone betroffen sind, scheinen damit gering. Entschieden wird nach dem Mehrheitsprinzip.

Warum ein Umbau überhaupt nötig ist, fragen sich einige. ”Aus meiner Sicht ist die damalige Neugestaltung der Wunstorfer Fußgängerzone mit ihren tollen drei Brunnen ein gelungener Entwurf und bedarf keiner Neugestaltung”, schrieb beispielsweise Norbert Quast in einem Leserbrief an die Redaktion. Schäden, die über die Jahre entstanden sind, rechtfertigen aus seiner Sicht keine umfangreiche Sanierung. Das Geld für die Fußgängerzone wäre an anderer Stelle besser eingesetzt. Unterstützt wird Quast von Leser Volker Busch. Er hält das Projekt für ein typisches Beispiel von Steuerverschwendung und schreibt: ”Eine praktisch intakte Fußgängerzone umzugestalten, bloß weil es Fördermittel aus anderen Steuertöpfen gibt, zeigt, wie unsinnig unsere Haushalte strukturiert sind.”

Negative Stimmungen

Hinzu kommt der Aspekt der Umsetzung. Wie lange soll die Umgestaltung dauern und die Fußgängerzone eine Baustelle sein, die Besucher und Konsumenten unter Umständen abschreckt? Derzeit steht die Stadt massiv in der Kritik, weil gerade aus dem Bereich Tiefbau bei einzelnen Projekten wie der Nordstraße und dem Barnekreisverkehr Verzögerungen gemeldet werden. Zum Teil spielen auch Planungsfehler eine Rolle, für die die Stadt aber nicht immer etwas kann. Andere Vorhaben laufen besser, stechen öffentlich aber nicht so hervor, wie die Baustellen, die als Dauereinrichtung immer wieder Schlagzeilen machen.

Zu befürchten ist, dass sich das Stimmungsbild bei einem Umbau der Fußgängerzone noch einmal drastisch verschlechtert. So ein Vorhaben dürfte zudem einen nicht unerheblichen Teil der vorhandenen Planungskapazitäten binden, was an anderer Stelle - in den Ortsteilen zum Beispiel - für Unmut sorgen könnte. Heißt das aber nun, dass gar nichts mehr geschehen soll oder darf? Eine offene Diskussion ist in jeden Fall nötig, gerade bei einem Projekt dieser Größenordnung, insbesondere in der Frage, wie verbindlich das Integrierte städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK) eigentlich ist, das auf rund 100 Seiten Maßnahmen beschreibt, die mittel- bis langfristig umgesetzt werden sollen, für die aber Fördermittel die Grundlage sind.

Verlust an Einfluss

Welchen Einfluss haben Kommunalpolitik und Bürger vor Ort überhaupt noch, wenn externe Finanzierungsquellen die Investitionsentscheidungen bestimmen? Schon heute ist es so, dass sich ärmere Kommunen größere Investitionen nur noch leisten können, wenn sie ein passendes Förderprogramm finden. Findet sich keins, gibt es auch keine Finanzierung, was die Gestaltungsmöglichkeiten dramatisch einengt. Dass die Stadt häufiger mit der Aussicht auf Fördergelder argumentiert, ist Beleg für diese Entwicklung. Das ist einerseits verständlich, andererseits alarmierend.

Der Bürgermeister hat in seiner Haushaltsrede im vergangenen Jahr darauf hingewiesen: Die Steuerentlastungsgesetzgebung des Bundes konterkariere zumindest teilweise die kommunalen Bemühungen, die Einnahmeseite des Haushalts zu optimieren. Mit anderen Worten: Der Bund treibt die Kommunen in eine Form der finanziellen Abhängigkeit, bei der am Ende Gestaltungsmöglichkeiten und Mitsprache auf der Strecke bleiben.

Infoveranstaltung

Um die Sorgen und Fragen der Betroffenen aufzugreifen, lädt die Werbegemeinschaft daher zu einer Informationsveranstaltung am 14. August um 18.30 Uhr in die Abtei ein. Vertreter der Stadtplanung sowie des mit dem Wettbewerb beauftragten Büros BPW haben ihre Teilnahme zugesagt. Die Werbegemeinschaft hofft auf eine rege Beteiligung, denn jetzt sei der Moment, um Einfluss zu nehmen.


    André Tautenhahn (tau)
    André Tautenhahn (tau)

    Freiberuflicher Journalist

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