Schlimme Folgen für Kinder Denn die Folgen von Häuslicher Gewalt seien gerade für die Kinder vielfältig. „Einige passen sich an bis zur Selbstaufgabe, andere werden aggressiv gegenüber sich selbst oder anderen. In der Folge kommt es oft zu Gewalt zwischen Müttern und erwachsen-werdenden Söhnen. Psychosomatische Krankheiten wie ADHS können ebenfalls die Folge sein”, beschreibt es Ingetraud Wehking vom Mädchen- und Frauenbratungszentrum BASTA. In jedem Fall hören die Kinder das, was Zuhause passiert, und erleben die Atmosphäre mit. „Wenn die Kinder bei uns im Frauenhaus ankommen, dann müssen wir sie zunächst einmal in Ruhe lassen, damit sie Vertrauen aufbauen können. Denn wenn sich die Eltern streiten oder gar schlagen, verlieren die Kinder das Vertrauen zu ihren Eltern und wissen oft nicht, wie sie sich verhalten sollen”, sagt Fischer. In den ersten 14 Tagen nach dem Vorfall seien die Mütter in einer Schockphase und sehr mit sich selbst beschäftigt. „Gerade dann hören wir den Kindern zu und versuchen den Vorfall aufzuarbeiten. Doch die meisten Kinder bleiben zunächst still und wollen nicht darüber reden. Viele Elternteile wollen auch nicht, dass die Kinder erzählen, was Zuhause passiert ist”, weiß Fischer. So sei es aber schön zu sehen, wenn die Kinder nach einiger Zeit auftauen und nicht mehr unter diesem großen Druck stehen würden, den sie zuhause kennengelernt haben –”wenn sie wieder Kind sein können”. Immer noch ein Tabuthema In Projekten und Unterrichtsbesuchen begegnen dem Team von BASTA immer wieder Mädchen und auch Jungen, die von Gewalterfahrung zwischen ihren Eltern oder Elternersatzpersonen berichten. Einige von ihnen nehmen im Anschluss eine Beratung bei BASTA wahr. Andere wenden sich an das Jugendamt oder an erwachsene Bezugspersonen aus dem privaten Umfeld. Das Thema Häusliche Gewalt sei allerdings weiterhin ein Tabuthema für Frauen und auch für Kinder, da es vielen unangenehm und peinlich sei, darüber zu reden, dass sie von Gewalt bedroht seien. Dadurch läge die Hemmschwelle einfach viel höher. „Gesellschaftlich wird seit Jahren an der Enttabuisierung gearbeitet”, sagt Wehking. Dennoch sei die opfergerechte Unterstützung noch deutlich ausbaufähig. Oft wählen Frauen deshalb nicht den Weg zur Anzeige, sondern entscheiden sich für einen Umzug. Bereitschaft, sich Hilfe zu holen, steigt Im vergangenen Jahr kam es zu 227 Kontakten von Frauen mit Janina Schmidt von der BISS (Beratungs- und Interventionsstelle bei Häuslicher Gewalt), entweder durch die Polizei vermittelt oder weil sie selbst Rat gesucht haben (2017: 240, 2016: 245). Insgesamt seien 231 Kinder betroffen gewesen (2017: 252, 2016: 218). Auch Männer nahmen die Beratungsmöglichkeit der BISS an: 2018 wurden 23 Männer beraten (2017: 21). „Unserer Einschätzung nach steigen allerdings nicht die tatsächlichen Vorfälle, sondern die Bereitschaft, sich Hilfe zu holen. Durch Öffentlichkeitsarbeit und politische Entwicklungen wie die Istanbul-Konvention, erleben Frauen, dass Gewalt in der Beziehung nicht länger erduldet werden muss”, erklärt Ingetraud Wehking. Sabine Fischer kann ihr da nur zustimmen. „Häusliche Gewalt sollte kein Tabuthema sein, denn es ist ein Thema, das uns alle angeht”, sagt sie. Da helfe auch das gut aufgestellte Netzwerk in Schaumburg weiter. „Das ist vor allem dann sehr wichtig und wertvoll, wenn wir Frauen an andere Institutionen weiter vermitteln, wie an das Jugendamt, Opferhilfe, Weißer Ring oder das Diakonische Werk.” Einmal im Monat hat das Team des Frauenhauses zudem Supervision. Dann ist Zeit einmal das loszuwerden, was einen selbst bewegt und zu besprechen, wie das Team mit den Schicksalen der Frauen und Kinder umgehen kann. Foto: Adobe Stock