Am „Tag des Bodens” hatte das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) eine beunruhigende Statistik veröffentlich. Demnach verbraucht Niedersachsen pro Tag sieben Hektar Boden – das entspricht circa zehn Fußballfeldern. Rund 14 Prozent des Bundeslandes sind mittlerweile Siedlungs- und Verkehrsflächen, etwa 6,4 Prozent der Landesfläche sind versiegelt – Tendenz steigend. Durch die Versiegelung gehen wichtige Aufgaben des Bodens verloren: Er speichert und filtert das (Trink-)Wasser, ist Anbaufläche für Lebensmittel und hat eine klimatische Ausgleichsfunktion. Zudem werden Wanderkorridore für Flora und Fauna unterbrochen, die Landschaft zerschnitten. Staub und andere Luftschadstoffe werden nicht mehr aus der Luft gefiltert und die Feinstaubbelastung steigt. Natürlich können Flächen wieder entsiegelt werden, allerdings dauert es eine lange Zeit, bis sich der Boden wieder erholt und seine Qualität zurückerhalten hat. Zudem ist die Prozedur aufwendig und verursacht hohe Kosten. Die Niedersächsische Landesregierung hat in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie vorgegeben, den täglichen Flächenverbrauch bis 2030 auf unter vier Hektar pro Tag zu reduzieren. Insbesondere geht es darum, Nutzungsmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen, Bodenbewusstsein zu wecken, Altlasten zu sanieren und Bodenveränderungen im Auge zu behalten. Im Landkreis Schaumburg befindet sich eine der insgesamt 90 in ganz Niedersachsen verteilten land- und forstwirtschaftlichen Dauerbeobachtungsflächen – am Standort Aher Kämpe. Hier werden Veränderungen beispielsweise in Bezug auf den Wasser- und Stoffhaushalt aufgezeichnet. 685 Quadratmeter pro Tag Auch im Landkreis Schaumburg verzeichnet das LBEG eine Zunahme der Bodenversiegelung. In der Zeit vom 31. Dezember 2017 bis zum 31. Dezember 2018 hat die Siedlungs- und Verkehrsfläche um 25 Hektar zugenommen. Das entspricht etwa 685 Quadratmetern pro Tag. Diese Fläche ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der versiegelten Fläche, sondern kann auch Bereiche enthalten, die nur wenig versiegelt sind wie zum Beispiel Erholungs- oder Friedhofsflächen. Etwa 30 bis 50 Prozent der Siedlungs- und Verkehrsflächen sind jeweils versiegelt. In der Zeit von 2006 bis 2009 war insbesondere das Gewerbe „Schuld” am Flächenverbrauch. Allein in Rinteln hat Wesergold circa 19.000 Quadratmeter plus Infrastruktur für den Bau des vollautomatischen Hochregallagers versiegelt. Auch das Gewerbegebiet „Kreuzbreite” in Bückeburg sowie der Flugplatz Achum haben zum Bodenverbrauch beigetragen. In der Zeit von 2009 bis 2012 waren es insbesondere die Baugebiete, in denen durch den privaten Hausbau Fläche versiegelt wurde – ein nicht zu unterschätzender Faktor. In den Jahren bis 2015 gingen unter anderem durch den Bau des Edeka-Zentrallagers in Lauenau 104.000 Quadratmeter plus Infrastruktur verloren, darüber hinaus sind andere Aus- und Neubauten heimischer Gewerbeunternehmen in dieser Zeit entstanden. Das sagt die Politik In ihrer Nachhaltigkeitsstrategie hat die Niedersächsische Landesregierung vorgegeben, den täglichen Flächenverbrauch bis 2030 auf unter vier Hektar pro Tag zu reduzieren. Dafür ist auf regionaler und überregionaler Ebene ein sparsamer und schonender Umgang mit dem Boden notwendig. Auch die Landespolitiker sind sich in diesem Punkt weitgehend einig. Sowohl Karsten Becker und Dirk Adomat, beide SPD, Karsten Heineking, CDU, Christopher Emden, AfD, und Hermann Gruppe, FDP, sowie Anja Piel, Bündnis 90/Die Grünen, sehen bei zunehmender Bodenversiegelung Probleme für die Natur aber auch die Landwirtschaft. Heineking fordert, die Innenstädte und Dorfmittelpunkte stärker in den Fokus zu rücken. Entsprechende Förderungen durch Bund und Land wären begrüßenswert. Wohnraum müsse verstärkt in der Höhe entstehen und auch die Industrie sei aufgefordert, Ersatz für Rohstoffe wie Torf oder Kies zu entwickeln, deren Abbau ebenfalls viel Flächenverlust zur Folge hat. Dirk Adomat und Karsten Becker unterstützen die Maßgabe des Landes, den Verbrauch auf vier Hektar pro Tag zu reduzieren. Im Rahmen der Bauleitplanung sollten bestehende Wohn- und Gewerbegebiete vorrangig entwickelt werden. Gleiches gelte für den Ausbau sozialer und digitaler Infrastrukturen sowie die Revitalisierung brachliegender Industrie- und Gewerbeflächen. Adomat und Becker betonen, dass das Land die Kommunen unter anderem durch spezielle Förderprogramme unterstützt, zudem würde die Novellierung des Landes-Raumordnungsprogramms (LROP) neue Grundsätze zur flächensparenden Siedlungsentwicklung aufstellen. Anja Piel macht deutlich, dass die Auswirkungen der Flächenversiegelung bereits jetzt deutlich zu spüren seien: der Asphalt heizt sich im Sommer stark auf, der Niederschlag versickert nicht mehr, die Bodenqualität leidet und auch die Flora und Fauna gerate immer mehr unter Druck. Für das Agrarland Niedersachen spiele die Bodenversiegelung zudem noch eine besondere Rolle – fruchtbarer Boden sei nur begrenzt vorhanden. Hermann Gruppe, FDP, sieht es ähnlich, er führt auch eine Verschlechterung der Luftqualität an. Alte Industriebrachen müssten zudem entweder neu genutzt oder entsiegelt werden. Auch beim Straßen- und Wegebau fordert er Zurückhaltung, ebenso bei der Verwendung von Teer und Beton – wassergebundene Decken aus Split oder Kies seien oftmals viel attraktiver. Christopher Emden sieht ebenfalls die Notwendigkeit, verstärkt in die Höhe zu bauen – Wohngebäude mit mehr als sechs Etagen könnten durchaus attraktiv sein, das gelte auch für Industrie und Gewerbe. Alle Abgeordneten sind sich einig, dass das Problembewusstsein in der Bevölkerung geschärft werden müsse. Foto: Archiv/Fotolia