Plötzlich zischt eine meterhohe Wasserfontäne nur wenige Meter vor dem Rettungswagen aus dem Boden. Dem Fahrer bleibt nur eine Reaktionszeit von einer knappen Sekunde, um bei Tempo 60 dem unerwartet auftauchenden Hindernis auszuweichen. Ihm gelingt ein gekonntes Manöver, das schwere Fahrzeug schwenkt aus und kommt zum Stehen ohne die Pylonen zu berühren, die die Randmarkierung bilden. Der Rettungssanitäter räumt die Strecke, und schon rauscht der nächste Kursteilnehmer heran, um die Übung zu absolvieren.
In diesem Trainingsteil soll für die Mitarbeiter des DRK-Rettungsdienstes Schaumburg eine Einsatzfahrt simuliert werden, bei der unerwartet ein Fußgänger oder ein anderes Fahrzeug auf der Strecke auftaucht. Die aufspritzenden Wassersäulen auf der Fahrbahn sorgen für den Überraschungseffekt. ADAC-Fahrsicherheitstrainer Detlef Kehe steht am elektronischen Kontrollpult und lässt plötzlich eine oder mehrere Fontänen jeweils an verschiedenen Punkten der Strecke hervorschießen. Die Fahrer müssen augenblicklich richtig reagieren. Dabei absolvieren sie diesen Übungsteil mit verschiedenen Geschwindigkeiten. Vor dem Start hatte Kehe ihnen noch einmal Tipps für das richtige Verhalten mit auf den Weg gegeben. „Ihr müsst hart in die Bremse gehen und anschließend sanft am Hindernis vorbeilenken, dabei auf der Bremse bleiben”, erklärt er. Es sei am besten, beide Vorgänge voneinander zu trennen. So ließe sich jede Bewegung sauberer koordinieren. „Wildes Lenken ist das Verkehrteste”, hielt Kehe fest. Gleichzeitig gelte es, den Blick vom Hindernis wegzubringen, um eine Lücke zu finden, in die man das stoppende Fahrzeug hineinlenken könne. Trotz aller gebotenen Eile im Einsatz sei es anschließend oft besser, für eine Sekunde stehen zu bleiben, sich zu sammeln und erst dann weiter zu fahren. So könnten viele Folgeunfälle vermieden werden.
„Es geht in diesem Training darum, die Fahrer für verschiedene Gefahrensituationen zu sensibilisieren und bestimmte Effekte bewusst zu machen”, erklärte Detlef Kehe später. Eine Differenz von 10 Stundenkilometer könne bei einem drohenden Unfall den entscheidenden Unterschied ausmachen. Der Kurs besteht aus praktischen Elementen mit den Einsatzfahrzeugen, etwa dem Bremsen auf verschiedenen Untergründen wie griffigem Asphalt, einer auf der Strecke stehenden Wasserfläche und einem Belag, der einer festgefahrenen Schneeschicht entspricht.
Zwischen diesen Übungsteilen spricht Kehe mit der Teilnehmergruppe, weist auf besondere Probleme hin und gibt Verhaltenstipps. Die Schaumburger Rettungssanitäter bringen ihre Erfahrungen ein. Das Grunddilemma bleibt, sind sich die Rettungsfahrer und ihr Trainer einig. Es gilt auch in oft unübersichtlichen Verkehrssituationen den Notfallpatienten rasch zu erreichen und angemessen zu versorgen. Gleichzeitig soll die Sicherheit der Mitarbeiter und der anderen Verkehrsteilnehmer möglichst wenig gefährdet werden. „Dazu müssen entsprechende Handlungsmuster für Extremsituationen da sein”, hielt Kehe fest. Und manchmal sei es im Endeffekt für alle Beteiligten besser, trotz des hohen Zeitdrucks im Einsatz etwas langsamer zu fahren.
Der DRK-Rettungsdienst Schaumburg versucht seine Mitarbeiter mit einem umfassenden Programm für die Einsatzfahrten zu schulen.
Seit Jahren arbeitet das Unternehmen mit einem Fahrsicherheitstrainer aus Schaumburg zusammen. Mit den Kursen im ADAC-Fahrsicherheitszentrum in Laatzen kommt jetzt ein weiteres Element hinzu. Alle DRK-Rettungssanitäter im Landkreis werden diesen Kurs absolvieren. (Siehe unten stehenden Artikel.)
Foto: bb