Die Geißelung Jesu im Film „Die Passion Christi”, Animationen aus Computer-Kriegs-Spielen, die detaillierte Darstellung eines Hinterhaltes im Indochina-Konflikt samt Ermordung eines Gefangenen in einem Hollywood-Streifen - Lutz-Ulrich Besser mutete seinen Zuhörern einiges zu. In einem Zusammenschnitt führte er ihnen zahlreiche Szenen brutaler Gewaltdarstellung aus TV und Computer vor, unterlegt mit Hardrockklängen. Nicht alle Vortragsgäste nahmen diese Veranschaulichung medialer Gewaltdarstellung widerspruchslos hin. Einige verließen vorübergehend den Raum, andere protestierten gegen die langdauernde Vorführung, die kaum erträglich sei aber wenig zum Erkenntnisgewinn beitrage.
„Sie haben das Recht, ärgerlich zu sein”, entgegnete Besser, „aber vielleicht richtet sich ihr Ärger gegen die falsche Person”. Es gelte die Wut zu nutzen, um aktiv zu werden. Das Dargestellte sei ein Ausdruck der medialen Realität, der Kinder und Jugendliche tagtäglich ausgesetzt seien. In einem „turbokapitalistischen System” würden die Medienkonzerne eben das anbieten, was Profit einbringe. Es sei wichtig, dass jeder Einzelne gegen diesen Zustand Stellung beziehe und sich klar mache: „Wir sind dafür zuständig.” In diesem Feld gebe es ein breites pädagogisches Versagen in der Gesellschaft, Gewaltdarstellungen würden allgemein verharmlost. Es gelte, sich als Staatsbürger und Erziehender gegen die Flut der brutalen Bilder zu stellen.
Wie man Einfluss nehmen könne ohne als „zickende Mutter” dazustehen, die alles verbietet, wollte eine Zuhörerin wissen. „Ich habe auch keine Patentlösung”, erklärte Besser. Man müsse geradlinig sein und klar machen „so etwas gibt es bei mir nicht”. Das sei sicherlich nicht bequem, man begebe sich dadurch möglicherweise in eine Außenseiterposition, auch gegenüber anderen Eltern. Das müsse man aushalten. Auf die Dauer seien die Kinder dankbar, wenn man konsequent eine Position vertrete. Ein Zuhörer erinnerte daran, dass es gelte, gegen die Versuchung des Medienkonsums Erlebnisse zu setzen. „Wir müssen uns mit unseren Jungs beschäftigen, etwa gemeinsam zum Fußball gehen”, hielt er fest. Besser pflichtete ihm bei: „Wir brauchen Beziehungspersonen, die Alternativen vorleben.”
Zu Beginn seines Vortrags hatte Besser erklärt, dass der häufige Konsum von Gewaltdarstellung in Fernsehen, Internet und im Computerspiel schwerwiegende Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen habe. Bis zur Vollendung etwa des 21. Lebensjahres durchlaufe das Gehirn einen besonders intensiven Wandlungs- und Verknüpfungsprozess. Die Überflutung mit Bildern und Emotionen zeige schwerwiegende Folgen: Abstumpfung und mangelndes Einfühlungsvermögen, sowie eine Störung sprachlicher und kognitiver Fähigkeiten seien die Folge. Foto: bb