Es war schon eine feine Gesellschaft, über die „Gott” in der szenischen Lesung zu Gericht saß. SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann, Organisator der Deportation der Juden aus dem von Nazi-Deutschland beherrschten Europa in die Vernichtungslager, Rudolf Höß, Kommandant des Lagers Auschwitz sowie die Lager-Ärzte Josef Mengele und Johann-Paul Kremer hatten die Ratsgymnasiasten neben weiteren in den Massenmord verwickelten Akteuren auf die Anklagebank in der St. Martini-Kirche zitiert. Verweise auf angeblichen Befehlsnotstand, Ausflüchte, Arroganz und Selbstmitleid aber keine Einsicht in die eigene Verantwortung für den Zivilisationsbruch prägten ihre Rechtfertigungsreden, die auf Originalaussagen beruhten. Gott verurteilte die Täter dazu, „weiter in der Hölle zu schmoren und ihren Unsinn zu glauben”, die deutsche Nation dazu, sich stets an die in ihrem Namen begangenen Verbrechen zu erinnern. „Petrus” zählte nach dem Urteilsspruch weitere anstehende Prozesse auf: Den zu den Verbrechen an den Armeniern, zu den Massakern in Indonesien und zu denen in Syrien. Die szenische Lesung war von einer Schülergruppe des RGS organisiert worden, die im September vergangenen Jahres in der Gedenkstätte Auschwitz war. Der Chor des Wilhelm-Busch-Gymnasiums (WBG) und Musiker der Ratsband begleiteten die Abschlussveranstaltung in der Kirche musikalisch. Pastor Jörg Böversen beendete diese mit einem persönlichen Beitrag und betonte, dass die Erinnerung an den Holocaust deshalb wichtig ist, „weil es nämlich nicht noch einmal so kommen soll”. Erinnerung sei wichtig, weil sie dem eigenen Handeln etwas mitgeben könne. Mädchen und Jungen der Oberschule, der Integrierten Gesamtschule, des WBG und des RGS wirkten gleichermaßen an der Veranstaltung mit, die wie in den Vorjahren am Internationalen Gedenktag an die Opfer des Holocaust in der Kreisstadt stattfand.Foto: bb