Jörg Janning sieht Bewegung in Solarprojekt kommen / Nutzung der Kohlenkirche STADTHAGEN (bb). Jörg Janning, Gründungsmitglied des Vereins „BürgerEnergieWende Schaumburg, ist der Initiator der Idee, auf der Abraumhalde am Georgschacht PV-Anlagen zu installieren und damit einen kräftigen Impuls zu einer Energiewende in Stadthagen zu setzen. Bei zwei Tassen Kaffee informierte Janning über das Projekt zur Förderung des Klimaschutzes, zur Belebung des Standortes Georgschacht und zur Imageverbesserung Stadthagens. Sowie über seine Zuversicht, dass dieses nun eine neue Dynamik gewinne. Im Zuge des Vorhabens hofft Janning auch auf eine Nutzung von Zechenhaus („Kohlenkirche”) und Batteriezentrale und damit auf einen Erhalt der markanten, historischen Gebäude. SW: Herr Janning, wie sind sie überhaupt auf die Schnapsidee gekommen, ausgerechnet die Abraumhalde am Georgschacht als Standort für einen Solarpark anzuregen? Man kann die PV-Anlagen doch gleich auf die Dächer der Häuser in der Stadt setzen. JJ: „Schnapsidee” finde ich gut aber eigentlich haben fast nur Rheinländer das Talent, dahinter auch etwas Vernünftiges zu vermuten. SW: Ach so, sie sind Rheinländer. JJ: Ja, aus Köln und „EffZeh”-Fan – aber zurück zu Ihrer Dächerfrage: Ja klar, und das ist auch immer die erste Wahl, wobei dazu zusätzliche Dächer auch über Parkplätzen erst noch errichtet werden müssen. Wir vom Verein BürgerEnergieWende Schaumburg sehen das genauso und haben uns umgesehen – so im Flecken Saerbeck im fast benachbarten Kreis Steinfurt. Da hat fast jedes Haus ein Solardach und dennoch oder gerade deswegen haben sich dort die Bürger und ihr Meister gefragt: Warum dann nicht auch die „Sowiesoda-Dächer” des ausgedienten Bundeswehr Munitionsdepots mitnutzen. Mittlerweile ist das Vorhaben in Saerbeck fertig gewachsen und Saerbeck ist Nordrhein-Westfalens Klimakommune Nummer 1 geworden. SW: Auf der kürzlichen Tagung „Kommunen können Klimaschutz” der Evangelischen Akademie Loccum haben Sie den Bürgermeister von Saerbeck, Wilfried Roos, wiedergetroffen. JJ: Ja, und er hat uns bestärkt und ein genauso gutes Gelingen wie in Saerbeck gewünscht. Aber nochmals zu den Dächern: In Saerbeck gab es die Hausdächer und zusätzlich einen guten Kilometer außerhalb vor dem Ort Dächer auf einer Konversionsfläche der Bundeswehr. Bei uns in Stadthagen gibt es auch eine solche Konversionsfläche des Kohlebergbaus – die Bergehalde Georgschacht. Und dann gibt es bei uns noch, dass Dächer nicht genutzt werden können, so das des „Tropicana” oder aber eben die Dächer der denkmalgeschützten Gebäude der „Stadt der Weserrenaissance”, die nicht mit Solarmodulen verstellt werden sollen und dürfen. So entstand die Idee, für alle, bei denen es nicht geht, nicht gewollt ist, blöd aussieht ein „Gemeinschaftsdach” auf der Halde zu errichten – sozusagen mit Namenschild: „Hier mache ich meinen Strom für mein Haus”. !!!!!”Erst einmal alles so lokal und so regional wie eben möglich ausschöpfen und vernetzen zum direkten Nutzen von Bürgern und Gewerbe.”!!!!!! SW: Also soll der erzeugte Strom in erster Linie an Verbraucher in Stadthagen gehen? JJ: Ja, absolut und auch nur so viel, wie im Stadtgebiet von Bürgern und Gewerbe gebraucht wird. Das entspricht ganz und gar der Zukunft der Erneuerbaren Energiemärkte: Erst einmal alles so lokal und so regional wie eben möglich ausschöpfen und vernetzen zum direkten Nutzen von Bürgern und Gewerbe. SW: Wie sind die Unternehmen am Georgschacht eingebunden? JJ: Ich bin gleich zu Beginn mit meiner „Schnapsidee” zu den Georgschachtfirmen gegangen und habe nachgefragt, wie sie das sehen, wenn „da oben über ihren Köpfen” Strom produziert wird. Richtige Ablehnung habe ich bei keinem herausgehört – wohl aber: „Wenn es sich rechnet dann ja”. SW: Die Sonne scheint nicht immer, deshalb denken Sie auch über die Kombination mit Energiespeichern nach? JJ: Ja, besonders dieser Weg macht Sinn, denn verlässlich wird die Stromlieferung von der Sonne nur über hinreichende Speicher. Und die zu errichten und zu betreiben kann nun wieder im Interesse der Standortfirmen liegen. Und noch eins: Mit dem Ziel etwas für und ab 2025 zu unternehmen heißt auch über Batteriespeicherung hinaus denken hin zu Solarstrom-Wasserstofferzeugung und –nutzung. SW: Also entsteht eine eng vernetzte Gesamtstruktur. Das heißt sie brauchen zahlreiche Partner, die zum Mitwirken bereit sind. Besteht überhaupt diese Bereitschaft? !!!!!!!!”Alle sind bis zum heutigen Tag irgendwie bei der Stange geblieben.”!!!!!!!!! JJ: Ja, ich denke schon. Bürgermeister Theiß hatte unsere Vereinsidee schon Ende 2015 aufgegriffen und die Stadt hatte sich am Landeswettbewerb „Klima Kommunal 2016” erfolgreich beteiligt - irgendwo im Rathaus muss die Anerkennungsurkunde vom damaligen Umweltminister Stefan Wenzel hängen. Erfolgreich meine ich deswegen, weil Herr Masurek (Der städtische Wirtschaftsförderer Lars Masurek, die Redaktion) und ich beständig die zukünftigen Partner in Besprechungen einbezogen haben: Den Haldeneigentümer und die Standortbetriebe ebenso wie die Stadtwerke, die städtischen Wirtschaftsbetriebe und den Netzbetreiber wie aber auch schon die zukünftig am Bau und Betrieb interessierten Investoren aus der Region Schaumburg – und alle sind bis zum heutigen Tag irgendwie bei der Stange geblieben. SW: Die Halde soll aber nicht allein Energielieferant werden, sondern gleichzeitig einen Erlebnisraum samt Aussichtsplattform bilden. Lässt sich dies vereinbaren? JJ: Ja, das finde ich eine spannende Idee, die in den Gremien von Verwaltung und Rat irgendwie gewachsen ist: Mit einer Zusammenlegung der in der Baugenehmigung eigentlich vorgesehenen drei Hügel zu einem Aussichtshügel soll die öffentliche Zugänglichkeit ermöglicht werden. Schließlich wollen die Bürger ja auch sehen, wo ihr Stromdach steht. Abgesehen davon verbirgt sich für mich dahinter auch, dass die Stadt schon einmal die Halde und den Raum zwischen Weststadt und Georgschacht für die Stadtentwicklung nutzen wollte – mit den Planungen zur Landesgartenschau 2006. !!!!!!!”Einbindung der beiden denkmalgeschützten Gebäude Elektrogebäude und Zechenhaus („Kohlenkirchen”)”.!!!!! SW: Eigentlich machen Sie also gar nichts Neues. JJ: Eigentlich ja, nur das jetzt die Einbindung der beiden denkmalgeschützten Georgschachtgebäude Elektrozentrale und Zechenhaus („Kohlenkirche”) dazu kommen und alles deutet darauf hin, dass ein gewerbliches Nutzungsinteresse die Basis werden kann für den Erhalt der denkmalkonstituierenden Elemente der Gebäude – also Silhouette und Fassade der beiden Gebäude. Und wenn man über einen Weg an diesen Gebäuden vorbei hinauf auf die Halde wandern könnte, dass wäre schon ein sehr deutliches Zeichen der Stadt – an ihre Geschichte mit einem Industriestandort, denn auch das macht die Stadt aus, wie ich mit Menschen und an Straßennamen immer noch erleben und erkennen kann. SW: Bleibt die Frage der Finanzierung und die Stadt muss sparsam wirtschaften. Stehen Fördermittel in Aussicht? JJ: Das höre ich immer wieder, aber eigentlich ist es keine Sache, die die Not zur Sparsamkeit betrifft: Fördergelder fließen besser, wenn die Stadt Ihr Interesse deutlich zeigt, manche Programme sehen auch eine geldwerte Beteiligung der Stadt vor, Planungs- und Genehmigungsaufgaben sind zum Beispiel solche geldwerten Aufgaben der Stadt und es sind originär Aufgaben einer gut laufenden Verwaltung. SW: Sie klingen optimistisch, dass das über längere Zeit vorbereitete Projekt nun Fahrt aufnimmt. Was macht sie zuversichtlich? JJ: Der Haldeneigentümer hat jüngst den Bürgermeister um Unterstützung gebeten bei den Fragen des Naturschutzes, also denkbarer Ausgleichszahlungen zur Erfüllung des Sanierungskonzeptes der Preussag, bei Fragen der Endverfüllung der Halde aber auch, ob schon im nächsten Jahr der erste Hektar mit Solarmodulen bepflanzt werden kann – statt mit Bäumen. SW: Von einer gelungenen Energiewende im lokalen Raum versprechen Sie sich also auch einen Imagegewinn für die Stadt? JJ: Das ist sicher nicht ganz ohne, um wieder auf Saerbeck, den Ursprung zurück zu kommen: Fünfstellige Besucherzahlen der Konversionsflächen dort sprechen für sich aber auch das Ortsgewerbe hat sich entwickelt, Leben und Arbeiten dort ist anregender geworden. Sagt jedenfalls der Bürgermeister und wiedergewählt worden ist er schon mehrmals. Jüngst auf unserem Vereinsforum in Bad Nenndorf hat Minister Olaf Lies dem Gewerbegebiet Georgschacht „Potenzial” für die Stadt und überregional zugesprochen. Foto: privat/bb SH21BB05a: Jörg Janning mit dem Bürgermeister der „Klimakommune” Saerbeck Wilfried Roos. Das Saerbecker Beispiel brachte Janning auf die Idee, die Installation von PV-Anlagen auf der Halde anzuregen. SH21BB05b: Ermutigende Signale von mehreren Seiten machen Jörg Janning zuversichtlich, dass sich das Projekt auf der Halde verwirklichen lässt. Und damit verbunden möglicherweise auch der Erhalt der „Kohlenkirche” und Elektrozentrale auf dem Georgschachtgelände. SH21BB05c: Die Halde am Georgschacht könnte zu einer Art PV-Gemeinschaftsdach für Stadthagen werden. SH21BB05d: Jörg Janning erhofft sich im Rahmen der Entwicklung des Georgschachtgeländes eine gewerbliche Nutzung des denkmalgeschützten Zechenhauses als Basis für dessen Erhalt.